Canon EOS 7D - sehr gehobene Mittelklasse
Canon hat sich mit der Reaktion auf das erfolgreiche Semiprofimodell D300 des Erzrivalen Nikon sehr lange Zeit gelassen. Doch mit der EOS 7D ist es dem Weltmarktführer auf dem Digitalkameramarkt gelungen, die Latte in der Oberliga der APS-C-DSLRs auf ein neues Niveau zu heben. Thomas Bredenfeld hat sich die Kamera für futurezone.ORF.at näher angesehen.
Zur Überraschung all jener, die als Nachfolger der EOS 50D eine 60D und/oder als Nachfolger der 5D Mark II eine 6D erwartet haben, hat Canon im Oktober die EOS 7D präsentiert, mit der der Konzern wesentliche Features der Vollformatreihe nun auch in ein Modell mit APS-C.-Sensor integriert hat. Die EOS 7D bringt aber auch einige Features mit, die es bisher weder in der Mittelklasse noch bei den Profigeräten von Canon gab.
Das Erscheinen der EOS 7D kann aber auch gegenüber den Mitbewerbern als eine zeitnahe Antwort von Canon auf Nikons D300s und einige Features aus Mittelklassegeräten wie der neuen Sony Alpha 550 gesehen werden. Zum Weihnachtsgeschäft ist der Markt der semiprofessionellen Geräte in der Preisklasse von unter 1.000 bis knapp 2.000 Euro besonders hart umkämpft. Die Kunden erwarten Features aus der Profiklasse zum bezahlbaren Preis.
18 Megapixel in der Mittelklasse
Von der Auflösung des Sensors her liegt die EOS 7D als APS-C-Kamera zwischen den 15 Megapixeln der 50D und den 22 Megapixeln der vollformatigen 5D Mark II. Sie ist damit zum Zeitpunkt dieses Tests unterhalb der Vollformatklasse die Kamera mit der höchsten Auflösung.
Neben den üblichen JPEGs in verschiedenen Kompressionsstufen liefert die 7D Canon-RAW-Dateien in voller Größe von 5.184 x 3.456 Pixeln. Außerdem bietet sie die Möglichkeit, Rohdateien in reduzierter Auflösung aufzunehmen: das mit der EOS 50D und 5D Mark II eingeführte sRAW (2.592 x 1.728 Pixel) und das neue zusätzliche mRAW-Format (3.888 x 2.592). Sinn ist hier ganz klar die Reduktion der Durchsatz- und Speicherbelastung. Immerhin landen nach einem Druck auf den Auslöser der 7D bei Full RAW je nach Bilddetails zwischen 20 und 25 MB auf der Speicherkarte.
Doppelprozessor unter der Haube
Die Canon 7D ist eine der ersten DSLRs unterhalb der Vollformatoberklasse, in der zwei parallele Bildbearbeitungsprozessoren verbaut werden. Mit den zwei DIGIC-4-Prozessoren, die mittlerweile auch im kurz nach der 7D erschienenen Profigerät EOS 1D Mark IV eingesetzt werden, wird eine derart hohe Verarbeitungsgeschwindigkeit auch bei großen Auflösungen erreicht, dass inzwischen vor allem die eingesetzte Speicherkarte den Flaschenhals in der Datenpipeline darstellt.
Durch den Einsatz von zwei Prozessoren bietet die Geschwindigkeit der Kamera stark verbesserte Möglichkeiten in Bereichen, wo das kritisch ist. Erstmals hat Canon neben dem normalen Reihenbildmodus mit drei Bildern pro Sekunde einen zweiten, wesentlich schnelleren Modus mit acht Bildern pro Sekunde eingeführt. Diese Geschwindigkeit hält die Kamera bei Verwendung einer UDMA-Speicherkarte neuerer Bauart über eine Strecke von 126 JPEGs in voller Größe durch, bevor sie kurz Luft holen muss für den nächsten Burst Shot.
Bei RAW-Bildern sind das 15 Aufnahmen in voller Auflösung. Bei kleineren Bildformaten geht entsprechend mehr. Das ist derzeit Spitzenklasse und übertrifft sogar das bisherige Profitopmodell EOS 1Ds Mark III. Nur das nicht vollformatige APS-H-Modell 1D Mark III war bisher schneller.
Neben der Sportfotografie, wo es traditionell nie schnell genug gehen kann, profitiert man von der hohen Geschwindigkeit beispielsweise bei HDR-Aufnahmen, wo sich Objekte im Bild nicht allzu stark zwischen zwei Aufnahmen bewegen sollten, um später bei der Montage zusammengehöriger Aufnahmen keine Geisterbilder zu produzieren.
Die Dreifachbelichtungen ("Bracketing") mit einer überbelichteten, einer unterbelichteten und einer korrekt belichteten Aufnahme, die im Ergebnis einen wesentlich höheren Tonwertumfang als gewöhnliche Aufnahmen erlauben, gehen mit der EOS 7D so schnell hintereinander vonstatten, dass sich auch bewegende Passanten viel weniger Probleme machen als bei früher verfügbaren Aufnahmegeschwindigkeiten.
Rauschen im Griff
Neben der verfügbaren Auflösung einer Kamera ist immer das Bildrauschen ein Schlüsselkriterium. Traditionell und durch das technische Prinzip bedingt haben hier Kameras mit vollformatigen Sensorchips stets die besseren Karten, weil dort die Abmessung eines einzelnen Bildpixels auf dem Sensor größer ist, was zu geringerem Bildrauschen führt. Deshalb sorgen Kameras wie die neue EOS 7D beim Nutzer immer für Spannung, welche in den technischen Daten genannten ISO-Werte noch eine brauchbare Bildqualität zulassen. Immerhin preist Canon die 7D als APS-C-Kamera mit bis zu ISO 6.400 Empfindlichkeit (ohne die optionale ISO-Erweiterung) an, der zum Vergleich bei der 5D Mark II als Vollformatgerät ebenfalls geboten wurde. Doch technische Daten stehen auf dem bekannt geduldigen Papier.
Entscheidend ist hier die Praxistauglichkeit bzw. der tatsächliche Aufwand, den der Fotograf in der Nachbearbeitung in die Rauschbekämpfung stecken muss. Der erste praktische Grenze ist dort erreicht, wo man ohne viel Mühe mit den Rauschfiltern in RAW-Programmen wie Aperture und Lightroom noch problemlos klarkommt, um eine unter professionellen Gesichtspunkten noch akzeptable Bildqualität zu bekommen. Diese liegt im Mengendurchschnitt bei der 5D Mark II bei ISO 800, bei der EOS 7D bei ISO 1.600.
Alles darüber (ISO 3.200 und 6.400) erfordert den Einsatz professioneller Anti-Rausch-Werkzeuge wie Noise Ninja, Nik Dfine und Neatimage - oder schlicht eine Verkleinerung des Bildes. Der erweiterte ISO-Bereich geht bei der 7D um eine Stufe über den Standardbereich hinaus bis ISO 12.800. Das Bildmaterial solcher Aufnahmen ist meist nur bedingt zu gebrauchen. Hier weichen aber die subjektiven Erfahrungen auch regelmäßig erheblich von den White Papers der Hersteller ab.
Bildgröße
Die EOS 7D erreicht bei voller Ausnutzung ihres Sensorchips eine Bildgröße von 18 Megapixeln. Das ergibt eine Datei, die bei 300 dpi Auflösung, die für eine professionelle Druckausgabe gefordert sind, eine Abmessung von 44 x 29 cm. Das reicht für eine A4-Doppelseite oder A3 quer inklusive Beschnittzugabe.
Diese Größe bietet auch noch reichlich Reserve für qualitativ notwendige Verkleinerungen und Ausschnitte in kleineren Standardformaten wie 9 x 13, 10 x 15 oder 13 x 18 cm.
Herausforderung an Objektive
Bei 18 Megapixel erreicht man oft bereits die Grenze der Abbildungsleistung vieler Objektive, vor allem wenn durch das APS-C-Format die Größe in Relation zum Bildkreis des Objektivs kleiner ist. Bei dieser Auflösung sieht man schnell, wie unzureichend manche Objektive sind, mit denen man auf Kameras mit geringerer Auflösung bisher eine durchaus brauchbare Bildqualität erzielt hat.
Das eine der beiden angebotenen Kit-Objektive, das EF-S 18-135 f/1:3.5-5.6 IS neigt zwar zu Farbsäumen (CA, Chromatische Aberration), ist gleich scharf bzw. bei manchen Brennweiten auch merklich schärfer als das vergleichbare beliebte Mitteklassezoom EF 28 - 135 mm f/1:3.5-5-6 IS USM, dessen Kaufpreis etwa 100 Euro höher liegt als der Aufpreis von 350 Euro auf den nackten Body der 7D.
Dieses Kit-Objektiv vermittelt dem Nutzer zwar ein Plastik-Feeling, ist aber dafür leicht und bietet einen guten Brennweitenbereich, vor allem, weil es nach unten bis 18 mm reicht (29 - 216 mm Kleinbild, Formatfaktor: 1,6). Der Autofokus ist schnell und präzise und auch ohne Ultraschallmotor (USM) leise. Der Fokusring ist für die manuelle Einstellung etwas zu leichtgängig.
Prinzipiell hat die Reihe der APS-C-Kameras den Vorteil, dass durch die speziell dafür entwickelten EF-S-Objektive eine etwas größere Auswahl an Objektiven zu haben ist als für die Vollformatgeräte. Am langen Ende der Brennweitenskala spart man bei den Teleobjektiven auch Gewicht und Geld. Für viele Fotografen ist das ein Argument beim Kauf einer APS-C-DSLR.
Anspruchsvoller Body
Der hochauflösende Sensorchip verlangt im Grunde für die volle Ausnutzung der Kameraleistung qualitativ gute Objektive, auf jeden Fall bessere als die Kit-Optiken. Ein beliebtes Beispiel für ein gutes Allround-Zoom, das den immer höher werdenden Auflösungen der zuletzt verfügbaren APS-C-Chips gerecht wird, ist das EF 24 - 105 mm f/4 L IS USM, das bei einem Kleinbildäquivalent von 38 - 168 mm gut mit der 7D harmoniert. Für dieses Objektiv muss man aber auch schon etwas über 1.000 Euro lockermachen, spielt dafür aber auch in der L-Klasse von Canon.
Zahlreiche neue Details
Neben den Kernfeatures wie Bildgröße und -qualität sowie Geschwindigkeit hat die neue EOS 7D natürlich noch eine ganze Reihe anderer Neuheiten zu bieten. Das Display wurde gegenüber der 50D verbessert und bietet sogar mehr Informationen als bei der EOS 5D Mark II. Bei allen drei Kamerabildschirmen ist der Durchmesser gleich: 3" (7,6 cm). Die Features im Live-View-Modus sind nicht nur weitgehend gleich mit denen der 5D Mark II, sondern gegenüber der noch immer etwa 700 bis 800 Euro teureren großen Schwester erweitert worden. So bietet die 7D in der Echtzeitvorschau drei Autofokusmodi.
Das AF-System rüstete Canon auch mit einer Gesichtserkennungsoption auf, die Porträtaufnahmen erleichtern soll. Die Funktion zur Vorabsimulation der Belichtung und die Zehnfachlupe für das manuelle Scharfstellen auf dem Display wurden von der 5D Mark II übernommen. Der Autofokus arbeitet mit bis zu 19 Messfeldern - wie bei der EOS 1D Mark III. Dem gegenüber bieten sowohl die EOS 5D Mark II als auch die EOS 50D nur neun Felder.
Sehr hilfreich für Panorama- und Architekturaufnahmen ist die neue elektronische Wasserwaage, die man im Display einblenden kann, und die sowohl das Neigen als auch das Kippen der Kamera anzeigt.
Sehr praktisch ist der neue Button "Q", der ein Schnelleinstellungsmenü aktiviert, das alle wichtigen Parameter gemeinsam einblendet und mit Cursor-Hebel und Einstellrad (und fallweise dem oberen kleinen Einstellrad) schnell einstellbar macht. Nach kurzer Zeit will man diese Möglichkeit nicht mehr missen und schaut kaum mehr auf das kleine Display auf der Oberseite des Gehäuses.
Canon hat der 7D eine gründliche Abdichtung an allen strategisch wichtigen Stellen verpasst, die Staub und Feuchtigkeit aus dem Gehäuse halten sollen. Das Gehäuse ist traditionell ein Magnesium-Body, der nicht zu schwer und nicht zu leicht ist und angenehm in der der Hand liegt. Hier bleibt Canon bei Bewährtem.
Ein weiteres Feature, das bisher kaum eine andere Kamera bietet, ist die Funktion für Belichtungsreihen (Bracketing) mit +/- 3 Blenden ("Auto Exposure Brackting", AEB). Das erweitert den Spielraum bei HDR-Aufnahmen um zwei Blenden gegenüber den sonst üblichen maximal +/- 2 Blenden (siehe HDR-Beispiel weiter oben). Damit lassen sich selbst extreme Belichtungssituationen in den Griff bekommen, ohne dass im Endergebnis Lichter ausfressen und Tiefen zulaufen.
Aufgerüstete Videofunktion
Die mit der EOS 5D Mark II erstmals im Canon-Sortiment gezeigte Fähigkeit einer DSLR, Videos in HD-Qualität aufzunehmen, ist mit der 7D ihren Kinderschuhen entwachsen.
Konnte die 5D Mark II lediglich HD in 1.920 x 1.080 Pixel (16:9) und SD mit 640 x 480 Pixel (4:3) bei 30 fps aufzeichnen, so beherrscht die 7D jetzt alle wichtigen Formate und Bildraten. So zeichnet sie HD bei 1.920 x 1.080 Pixel (1080p) mit 30, 25 und 24 fps auf. Letzteres macht sie durchaus Kino-tauglich. Auch die Formate 720i (1.280 x 720 Pixel bei 50 und 60 fps), sowie SD (640 x 480 Pixel mit 50 oder 60 fps). Limits für die Aufnahmedauer sind wie schon bei der 5D Mark II 30 Minuten bzw. 4GB Dateigröße. Dann muss man einen neuen Take beginnen.
Die Video-Aufnahme ist als Feature einer DSLR für die Zielgruppe der (semi-)professionellen Fotografen prinzipiell eher als Dreingabe zu sehen. Will man die an sich sehr gute Bildqualität und die große Auswahl an Objektiven wirklich vernünftig einsetzen, kommt man um Zusatzinvestitionen nicht herum.
Die Grenzen der Bordausstattung
Grundausstattung ist dabei ein "Rig", das die fehlenden wichtigen mechanischen Komponenten (Schärfenzieher, French Flag / Matte Box / Kompendium usw.) ergänzt, die man an einer halbwegs professionellen Video- oder Digitalfilmkamera haben sollte. Hier gibt es seit einiger Zeit Angebote, die aus der Fotokamera ein ernsthaftes Werkzeug für den digitalen Film macht, die es dann mit wesentlich teurerem Equipment aufnehmen kann.
Auch die von den Herstellern in die Gehäuse eingebauten Mikrophone reichen für professionelle Anwendungen nicht aus. Der Ton sollte daher separat mit einem professionellem Audiorecorder aufgenommen und ganz klassisch mit einer Filmklappe synchronisiert werden. Die Kamera, auch die 7D, hat nur eine automatische Pegel-Aussteuerung. Dazu ist der Toneingang unsymmetrisch. Er ist nur als Zeitreferenz für das nachträgliche Anlegen des Tons in der Post Production zu gebrauchen.
Die 7D als Studiokamera
Die mitgelieferte Software EOS Capture Utility erlaubt vor allem bei den neueren Canon-DSLRs eine weitgehende Fernsteuerung der Kameras und Begutachtung der Bilder vor der Aufnahme. Der Live View wird komplett digital ausgespiegelt und praktisch alle Einstellungen der Kamera lassen sich dann über die USB-Verbindung vom Computer aus vornehmen (Blende, Belichtungszeit, Weißabgleich usw.).
Auch das Scharfstellen mit frei verschiebbarem AF-Messfeld ist vom PC oder Mac aus möglich, sogar gegenüber der Kamera selbst mit 200%-iger Vergrößerung. Präzise Histogramme gegen über die Belichtung Auskunft. Kombiniert man diese Features noch mit der Aufnahme in einen "Watched Folder", kann man beim Shooting mit einem anwesenden Kunden bereits effektiv Bilder auswählen und ihm diese auch gleich ansprechend präsentieren.
Nachteile für Early Adopters
Perfekt ist die 7D freilich nicht. Sie hat noch Kinderkrankheiten, die Canon allerdings jeweils mit zeitnah veröffentlichten Firmware-Updates regelt, sobald sie bekannt werden. Diese Updates gehen in der Regel einfach und problemlos über die Bühne. Eines davon hat Canon bereits Anfang November veröffentlicht. Im Serienbildmodus konnte es dazu kommen, dass in schnell hintereinander aufgenommenen Bildern noch Reste der jeweils vorherigen Aufnahmen zu sehen waren.
Eine weitere Merkwürdigkeit, die einige 7D-Besitzer monieren, äußert sich in einem starken Rosa-Stich auf stärker überbelichteten Stellen, die an sich reinweiß ausfressen sollten. Bei korrekt belichteten Bildern gibt es hier keine Beanstandungen. Dies passiert jedoch nur bei der RAW-Bearbeitung mit Adobe-Software (Camera Raw 5.5, Lightroom 2.5 und 3.0 beta). Der Fehler liegt also nicht bei Canon. Beim mitgelieferten Digital Photo Professional (DPP) tritt dieser Effekt hingegen nicht auf. Hier muss man derweil noch auf ein Update von Adobe warten.
Fazit
Für einen mittleren Straßenpreis von derzeit 1.650 Euro bekommt man eine Kamera, die dem 800 Euro teureren Profimodell EOS 5D Mark II bis auf den Vollformat-Chip absolut das Wasser reichen kann. Der Funktionsumfang ist sogar größer als bei 5D Mark II. Das letzte Mittelklasse-APS-C-Modell 50D lässt die 7D damit weit hinter sich.
Canon hat mit der EOS 7D eine Lücke zwischen den APS-C- und den 35-mm-Vollformatkameras besetzt, in der kein anderer Hersteller derzeit ein Gerät zu bieten hat. Auch bei Nikon fehlt zwischen der D700 und der D300s genau ein solches Modell.
(Thomas Bredenfeld)