NL: GPS misst Kfz-Steuer
Um das Klima zu schützen und Staus zu verringern, reformieren die Niederlande radikal ihr System der Verkehrsbesteuerung: Statt der althergebrachten Kfz-Steuer zahlen Autobesitzer künftig pro gefahrenen Kilometer, die mittels GPS-Systemen gemessen werden.
Die am Freitag von der Regierungskoalition - bestehend aus Christ- und Sozialdemokraten - beschlossene Einführung des neuen Kfz-Systems soll im Jahr 2012 erfolgen.
Für die Gebührenberechnung müssen alle niederländischen Autos mit GPS-Systemen ausgestattet werden. Die Kosten für den Einbau übernimmt der Staat. Die GPS-Geräte erfassen die gefahrenen Kilometer und senden die Informationen per Satellit an eine staatliche Zentralkasse, die das Geld von den Konten der Fahrzeughalter einzieht.
Informationen über den Streckenverlauf sollen aus Datenschutzgründen nicht gespeichert werden. "Uns interessiert nicht, wo Sie gewesen sind", meint ein Regierungssprecher.
Steuer von Wagengröße abhängig
Gerechtigkeit soll bei der Berechnung der Streckensteuer herrschen. Anfangs beträgt sie drei Cent pro Kilometer, bis 2018 sollen es dann 6,7 Cent werden. Aber das sind Durchschnittswerte. Die tatsächlichen Summen variieren je nach Größe und Motorisierung des Wagens. Taxis, Behindertentransporte, öffentliche Verkehrsmittel, Motorräder und Oldtimer sind von der Steuer ausgenommen.
Wer sich in einem Renault Twingo oder einem ähnlichen Kleinwagen fortbewegt, zahlt 1,4 Cent pro Kilometer. Beim Audi A8 fallen schon 16,6 Cent an, so Verkehrsminister Camiel Eurlings. Zur Beruhigung der Gemüter rechneten seine Beamten vor, dass eine Mehrheit der autofahrenden Niederländer - rund sechs von zehn - mit dem neuen System auch dann Geld spart, wenn sie an ihrem Fahrverhalten nichts ändert.
Keine Mehreinnahmen für Staat
Laut Regierung werden fast 60 Prozent der niederländischen Autofahrer weniger bezahlen müssen als beim alten Kfz-Steuersystem. Für 25 Prozent würden die Kosten in etwa gleich bleiben, 16 Prozent würden allerdings mehr Geld fürs Autofahren hinlegen müssen.
Die jährlichen Gesamteinnahmen des Staates durch die Verkehrsbesteuerung, die derzeit bei 6,6 Milliarden Euro liegen, steigen angeblich nicht. Es ändere sich lediglich die Zusammensetzung dieser Einnahmen und die Art, wie sie erhoben werden.
15 Prozent weniger Verkehr
Das neue System biete Anreize, das Auto stehen zu lassen. Dadurch werde die Belastung der Umwelt durch Kohlendioxid in Fahrzeugabgasen voraussichtlich um zehn Prozent abnehmen, erklärte der Verkehrsminister.
Nach Berechnungen der Regierung werde die Zahl der von niederländischen Autos zurückgelegten Straßenkilometern um 15 Prozent abnehmen, da mehr Menschen auf öffentliche Verkehrsmittel sowie das Fahrrad umsteigen würden. Zudem werde es pro Jahr sieben Prozent weniger Verkehrstote geben. Bis 2020 könne sich zudem die Zahl der Staus auf niederländischen Straßen auf das Niveau von 1992 verringern.
Zustimmung und Ablehnung
Weniger erfreut zeigt sich die Opposition über den Gesetzesentwurf: Liberale und Sozialisten kritisierten den Reformplan. Der Verkehr werde dadurch nicht abnehmen, jedoch würden die Autofahrer künftig "mehr als bisher dafür bezahlen, dass sie im Stau stehen", hieß es. Die Grünen erklärten, die Reform sei nicht radikal genug auf den Umweltschutz ausgerichtet und könne daher nur ein erster Schritt sein.
Das neue Modell der Kraftfahrzeugsteuer sollte nach Ansicht des Verkehrsexperten Ferdinand Dudenhöffer von Deutschland weitgehend übernommen werden. "Wir sollten uns die neue fortschrittliche Kfz-Steuer unserer Nachbarn als Vorbild nehmen", sagte der Leiter des Lehrstuhls für Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen am Samstag der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Situation in Österreich
In Österreich wird beim Autokauf eine verbrauchsbezogene Zusatzsteuer ("Normverbrauchsabgabe") eingehoben, seit heuer gibt es ein Bonus-Malus-System mit Entlastungen für als umweltschonend eingestufte Fahrzeuge. Darüber hinaus gibt es eine "Kfz-Steuer", eigentlich eine motorbezogene Versicherungssteuer, die sich nach der Motorleistung des Fahrzeugs berechnet.
Seit 1997 gilt für Autobahnen eine Vignettenpflicht, die als ökologisch nicht treffsicher kritisiert wird. Mit Ausnahme der Grünen lehnen aber alle Parlamentsparteien die Einführung einer kilometerabhängigen Maut ab.
(AP/dpa/APA)