© Günter Hack, Solarzellen-Handy Samsung Blue Earth

Solarzellen-Smartphone mit starkem Akku

MOBILTELEFONE
08.12.2009

Seit Ende November ist mit Samsungs Ökohandy "Blue Earth" (S7550) das erste Touchscreen-Smartphone im österreichischen Handel erhältlich, das auf der Rückseite ein kleines Solarzellenpanel integriert hat. ORF.at hat das Gerät getestet und mit einem Experten über Nutzen und Effekt von Solarzellen in mobilen Geräten gesprochen.

Samsungs "Blue Earth" ist mit den Maßen 109 mal 54 mal 14,2 Millimeter nicht viel kleiner, aber ein wenig dicker als ein iPhone. Es ist das erste Smartphone, das ohne weiteres Zubehör nicht nur über die Steckdose aufgeladen werden kann. Auf der Rückseite des Geräts befindet sich ein etwa 6,3 mal 3,6 Zentimeter großes Solarzellenpanel, das das Gerät bei genügend Licht auch ohne Anschluss ans Stromnetz mit Energie versorgt. Doch wie viel Licht ist eigentlich "genügend Licht"?

Mittagssonne als Optimum

Beim Aufladen mit Solarzellen wird Sonnenlicht in elektrische Energie verwandelt. Laut Angaben des Herstellers soll eine Stunde Ladezeit in der Mittagssonne bei etwa 80.000 Lux für bis zu zehn Gesprächsminuten reichen. Diese Angaben konnten jahreszeitbedingt leider nicht verifziert werden. An einem sonnigen Wintertag funktionierte das Laden in der prallen Mittagssonne hervorragend, doch beim Durchziehen von Wolken oder im Schatten wurde der Ladevorgang jeweils schnell unterbrochen.

Im Schatten beträgt die Lichteinstrahlung nur noch ein Zehntel von der in der Sonne (etwa 8.000 Lux), auch Wolken vermindern die Lichteinstrahlung entsprechend. Im ORF.at-Test funktionierte das Laden dafür auch hinter einer Glaswand (wie etwa in einer Wiener Straßenbahn) und am Nachmittag (15.00 Uhr). Selbst bei einem schnellen Wechsel von Sonne und Schatten reagierten die Solarzellen entsprechend schnell, und ein kurzes, fünfminütiges Ladeintervall reichte aus, um den Akku des Geräts sichtbar aufzuladen - es erschien ein Strich mehr am Display.

Strahlungsleistung entscheidend

Hubert Fechner, Studiengangsleiter für Erneuerbare Urbane Energiesysteme an der FH Technikum Wien, erklärte gegenüber ORF.at, dass die Strahlungsleistung bei trübem Wetter und Hochnebel oft nur etwa 100 Watt betrage, während an einem schönen Sonnentag im Sommer etwa 1.000 bis 1.150 Watt und an einem klaren Wintertag bis etwa 600 Watt möglich seien, denn im Winter spiele die schräge Sonneneinstrahlung eine Rolle. Wenn die Sonne tiefer stehe, müsse sie mehr Luftmasse durchdringen, was eine Abschwächung bewirke. "Die Solarzelle erzeugt im Winter dann maximal 50 Prozent der Energie, das verläuft linear." Auf die Frage, warum der Akku des "Blue Earth" sich im Schatten gar nicht aufladen lasse, meinte der Experte: "Wenn die Einstrahlung unter einen bestimmten Wert gelangt, ist der Ladestrom zu gering, dann reagiert der Akku nicht mehr."

Beim "Blue Earth" lässt sich auf zweierlei Art feststellen, ob das Gerät gerade lädt oder nicht. Einerseits verändert sich die Farbe der Ladestandsanzeige auf dem Hauptbildschirm von Blau in Rot - zusätzlich zeigt das Display ein kleines Sonnensymbol an. Weiters leuchtet auf der Rückseite des Handys direkt neben der eingebauten Kamera und den Solarzellen eine blaue LED auf, sobald die Solarzellen Energie aufnehmen.

Glühbirne vs. Energiesparlampen

Obwohl in der Gebrauchsanweisung des Herstellers angemerkt wird, dass der Akku nicht durch künstliches Licht aufgeladen werden soll, zeigt sich im ORF.at-Test, dass das Aufladen unter einer 60-Watt-Glühbirne bei einem Abstand von etwa 40 bis 45 Zentimetern sowie bei einer 20-Watt-Glühbirne bei einem Abstand von maximal 16 bis 18 Zentimetern möglich ist. Bei Leuchtstoffröhren und Energiesparlampen (im Test etwa eine Osram DULUX D 18 Watt) hingegen war selbst bei minimalster Entfernung von der Lichtquelle kein Aufladen des Akkus möglich.

Fechner erklärte dieses Phänomen mit dem Lichtspektrum und der abgegebenen Wärme. "Das Sonnenlicht setzt sich aus unterschiedlichen Wellenlängen zusammen, und eine Solarzelle ist je nach Zellenart empfänglich für verschiedene Spektralbereiche des Sonnenlichts. Der Empfindlichkeitsbereich der Solarzelle muss mit dem Spektrum der Strahlungsquelle zusammenpassen. Glühbirnen sind beispielsweise eher im langwelligen Bereich, Energiesparlampen im kurzwelligen Bereich angesiedelt. Sie geben übrigens weniger Wärmestrahlung, dafür aber viel mehr Strahlung im sichtbaren Bereich ab", so der Experte.

"Die Solarzelle ist in erster Linie für Außenbedingungen und daher für das Spektrum der Sonne angelegt und ist nicht dafür ausgerichtet, auch die diversen Arten des Kunstlichts zu nutzen", bekräftigt Fechner die Angaben des Herstellers. Das Aufladen unter einer Lampe werde daher entsprechend weniger effektiv sein als in der Sonne. Bei Solarzellen auf mobilen Geräten wie Handys ergibt das aus energetischer und ökologischer Sicht zudem nur Sinn, wenn dafür nicht extra die Schreibtischlampe aufgedreht wird, sondern diese bereits zu Arbeitszwecken brennt.

Solarzellen vor allem "gut fürs Image"

Der Solarexperte steht integrierten Solarzellen auf Mobiltelefonen prinzipiell zwiespältig gegenüber: "Ich habe mein Handy meistens in der Hosentasche eingesteckt, und aufgeladen wird es nur nachts. Wie viel Zeit wäre mein Handy daher wirklich der Sonnenstrahlung ausgesetzt? Wenn einem der Handyakku aber plötzlich leer wird und man kein Ladegerät dabei hat, kann das freilich schon Sinn machen." Derartige Produkte seien jedenfalls für das Image des Herstellers gut, meint Fechner. Der Effekt, dass mit Consumer-Produkten aufgezeigt werde, in welch einfacher Weise sich die Kraft des Lichts nutzen lässt, um Geräte anzutreiben, sei äußerst positiv.

Auch die Kosten von Solarzellen seien in den letzten Monaten massiv zurückgegangen. Damit sei der höhere Preis kein Argument mehr gegen den Einsatz von Solarzellen in mobilen Geräten. Fechner schätzt die Kosten einer Solarzelle, wie sie im "Blue Earth" eingesetzt wird, auf zehn bis 20 Euro. Da Solarzellen zu 95 Prozent aus Silizium bestehen, gebe es auch aus ökologischer Sicht keine grundsätzlichen Bedenken gegen einen derartigen Einsatz, so Fechner.

Solarzellen-Smartphones wie das "Blue Earth" sind daher besonders gut für Menschen geeignet, die das Gerät tatsächlich tagsüber auf dem sonnigen Fensterbrett im Büro, auf dem eigenen Balkon oder im Garten aufladen können - oder zumindest im Notfall die Sonne als alternative Ladequelle nutzen möchten.

Sinnvolle Energiesparfunktionen

Neben den integrierten Solarzellen zeichnet sich das "Blue Earth" auch durch diverse Energiesparfunktionen aus. So gibt es ein eigenes "Energiespar"-Telefonprofil mit fünf speziellen Klingeltönen und einem Energiesparmodus für das TFT-Display, der die Hintergrundbeleuchtungsdauer auf acht Sekunden reduziert und es auf eine niedrige Helligkeitsstufe setzt. Diese Funktionen helfen zugleich, den Akku des Geräts zu schonen, der ohnedies sehr leistungsstark ist.

Starke Akkuleistung

Laut Samsung ermöglicht das Gerät im normalen Modus bis zu 250 Minuten Gesprächszeit (3G) und bis zu 300 Stunden Stand-by-Zeit (3G), zum Energiesparmodus liegen keine Angaben vor. Im ORF.at-Test war der Akku nach 140 Gesprächsminuten, 150 Stunden Stand-by-Betrieb und einer Stunde Internet- und Multimedia-Betrieb (Kamera, MP3-Player und mobiles Surfen) noch zu einem Drittel aufgeladen. Das aktivierte WLAN verbrauchte dabei von den Funktionen am meisten Energie. Bei Mobiltelefonen mit kleinem Display und ohne Touchscreen mag diese Leistung nicht zwingend beeindrucken, für ein Full-Touchscreen-Smartphone mit einem drei Zoll großen WQVGA-Display von 240 mal 400 Pixeln ist das jedoch durchaus erwähnenswert.

Wie der Lithium-Ionen-Akku auf lange Zeit mit den ständigen kleinen Teilladungen über die Solarzellen zurechtkommt, konnte in der Zeit, in der das Gerät zum Test zur Verfügung steht, nicht erprobt werden.

Technische Spezifikationen

Das Gerät kann MP3-, WMA- und AAC-Dateien abspielen und erkennt WMV-, MPEG4- und H.263-Videodateien. Der interne Speicher beträgt 130 MB, dieser kann mit einer microSDHC-Karte um bis zu 16 GB erweitert werden. Für Verbindungen sorgen Bluetooth 2.1, ein USB-2.0-Slot, HSDPA und WLAN. Das Gerät verfügt über (A)GPS.

Widget-Leiste und Scroll-Taste

Abgesehen von den Ökofunktionen ist das "Blue Earth" ein solides Smartphone mit druckempfindlichem Bildschirm. Die Qualität der Sprachübertragung über herkömmliche Mobiltelefonie war exzellent. Eine echte Tastatur fehlt dem Gerät allerdings; wer unterwegs viel schreibt, wird schnell an die Grenzen der Bildschirmtastatur stoßen, die übrigens keine QUERTZ-Ansicht bietet, sondern nur einen herkömmlichen Handy-Ziffernblock emuliert. Das "Blue Earth" läuft unter einem proprietären Betriebssystem von Samsung, das auf den ersten Blick an Windows Mobile 6.5 erinnert. Eines der Merkmale des Systems ist die Widget-Leiste, von der sich die Programmsymbole auf den "Desktop", also die zentrale Benutzeroberfäche des Handys, ziehen lassen. Auf diesem Weg ist etwa ein Schnellzugriff auf die mobilen Websites von Facebook, MySpace und YouTube möglich. Beim Verwenden des Web-Browsers ergaben sich im Kurztest keine negativen Auffälligkeiten.

YouTube-Videos lassen sich problemlos im Hoch- und Querformat abspielen, die Volldarstellung der Videos ist allerdings sehr grob. Bilder, die mit der integrierten Drei-Megapixel-Kamera aufgezeichnet wurden, lassen sich per MMS, E-Mail, Active Sync und Bluetooth übertragen, aber leider nicht direkt auf Facebook hochladen. Das ist nur durch den Umweg über E-Mail möglich.

Spiegelndes Display

Vorteilhaft konzipiert wurde zudem die Lautstärkentaste auf der oberen linken Seite des Smartphones. Damit lässt sich außerhalb des Telefonbetriebs durch die Kontakte und Menüpunkte scrollen sowie durch die Inhalte der Websites browsen. Das stellt eine sehr gute Ergänzung zum Touchscreen dar, da dieser nicht immer so schnell und präzise reagiert, wie man es gerne hätte. Jede erfolgreich durchgeführte Berührung bestätigt das Gerät mit einer leichten Vibration. Das ermöglicht bei einfacheren Aufgaben auch ein blindes Bedienen des Geräts. Apropros blind: Bei direkter Sonneneinstrahlung spiegelt das Display stark, und man hat auch bei voll aufgedrehter Hintergrundbeleuchtung Schwierigkeiten, die Inhalte auf dem Bildschirm ausreichend zu erkennen.

Das "Blue Earth"-Smartphone ist beim Mobilfunkanbieter A1 für 329 Euro (ohne Vertrag) sowie im Handel erhältlich. Das Gerät punktet neben den ausgefeilten Energiesparfunktionen und der bedienungsfreundlichen Scroll-Taste vor allem mit einer starken Akkuleistung. Die integrierten Solarzellen sind in erster Linie ein imagefreundliches Zusatzfeature, das seine Einsatztauglichkeit wohl erst im Frühjahr unter Beweis stellen können wird.

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(futurezone/Barbara Wimmer)