D: Google erwartet grünes Licht für Street View
Der Straßenfotodienst Street View des Internet-Riesen Google soll noch in diesem Jahr in Deutschland starten. Wie Google-Vertreter Arnd Haller erklärte, sieht das Unternehmen keine Hindernisse für eine Veröffentlichung der Fotos.
"Es ist schwer, einem Unternehmen zu untersagen, einen Dienst zu launchen, wenn dieser legal ist", sagte Haller, Leiter der Rechtsabteilung bei Google Deutschland am Dienstag in Berlin.
Nach Kritik von Datenschützern erweiterte Google Deutschland die Rechte der Nutzer. Zurzeit schafft das Unternehmen die technischen Voraussetzungen zur Umsetzung dieser Rechte, wie Haller sagte. Street View bietet 360-Grad-Bilder von Straßenzügen und öffentlichen Plätzen. Datenschützer kritisieren, dass die Fotos auch Privatgebäude zeigen und das Dieben und Einbrecher in die Hände spielen könnte. Außerdem sind Menschen und Autos zu sehen, die sich zum Zeitpunkt der Aufnahmen auf den Straßen befanden.
Digitales Nachbessern
Jetzt soll jeder, der nicht möchte, dass sein Haus im Internet gezeigt wird, das Bild löschen lassen können. Gesichter und Autokennzeichen werden automatisch unkenntlich gemacht. Falls das Computerprogramm etwas übersieht, will Google auf einen entsprechenden Hinweis hin nachbessern. "Diese Angebote gelten nur in Deutschland", sagte Haller. Google Street View startete 2007 in den USA und ist zurzeit in 19 Ländern online, darunter Tschechien, Dänemark und der Schweiz. In Österreich wartet Google noch auf die Genehmigung durch die Datenschutzkommission.
Der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), lehnt strengere Datenschutzauflagen für Street View ab. "Die Straßen- und Häuseraufnahmen von Google sind aus Sicht des Datenschutzes nicht zu beanstanden, denn Häuser und Autos haben keine Persönlichkeitsrechte", sagte Uhl der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Dienstag. Sofern Menschen fotografiert würden, sei auch das zulässig, weil sie sich im öffentlichen Raum bewegten, wo ihre Privatsphäre einen geringeren Schutz genieße.
"Legale Dienstleistung"
Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) hatte angekündigt, zusammen mit dem Bundesinnenministerium rechtliche Schritte und Gesetzesänderungen zu prüfen. Ziel sei es, dass die Bürger nicht mehr einer Veröffentlichung privater Daten widersprechen müssten. Stattdessen solle Google künftig die Pflicht haben, "die Genehmigung der Bürger einzuholen, wenn sie das Foto eines Privathauses veröffentlichen möchten". Dem NDR sagte Aigner am Dienstag, es müsse "definitiv" gewährleistet sein, dass Google jeden Widerspruch gegen eine Aufnahme umsetze und vor der Freischaltung etwa ein Gebäude auch unkenntlich mache.
Innenpolitiker Uhl dagegen sagte der Zeitung, es sei "nichts anderes als der Versuch, eine legale Dienstleistung durch die Hintertür zu verbieten", wenn eine Veröffentlichung nur zugelassen werde, sofern alle betroffenen Anwohner und Passanten eingewilligt hätten. Google gewährleiste seiner Ansicht nach bereits "vernünftige Datenschutzstandards, indem der Konzern den Betroffenen Widerspruchsrechte einräumt und erfasste Autokennzeichen verfremdet".
Schaar: "Notfalls entflechten"
"Google Street View ist für mich nur ein Baustein von vielen. Die ganzen anderen Google-Dienste sind auch wichtige Baustellen. Vor allem geht es dabei um die Verknüpfbarkeit persönlicher Daten und nicht so sehr um die Frage, ob ein Kfz-Kennzeichen gepixelt wird oder nicht", sagte Peter Schaar, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz. Entscheidend sei, datenschutzrechtlich zu prüfen, welche Gefahr in den individualisierten Datenmengen stecke.
Ebenfalls müsse geprüft werden, inwieweit die Marktmacht von Google noch kartellrechtlich unbedenklich sei. Schaar gab zu bedenken, dass es dem Konzern längst möglich sei, auch von namentlich unbekannten Nutzern umfangreiche Nutzungs- und Persönlichkeitsprofile zu erstellen und diese Datenberge für neue Dienste zu kombinieren, um seine Monopolstellung weiter auszubauen. "Ich will Google noch nicht unterstellen, dass hier definitiv Missbrauch einer Marktmacht stattfindet. Aber das muss untersucht werden: Wie wird mit den Daten umgegangen?", sagte Schaar.
Der Datenschutzbeauftragte kritisierte, dass für den Konzern bisher zu lasche Maßstäbe galten: "Ich sehe hier eine ganz große virtuelle Markt- und damit Machtkonzentration, die man in der realen Welt so nicht dulden würde bei einem Unternehmen". Schaar zufolge arbeitet das Bundeswirtschaftsministerium an einer Neuregelung des Kartellrechts - mit der Möglichkeit zur Entflechtung marktbeherrschender Unternehmen. Spätestens mit dieser neuen Gesetzesgrundlage müsse Google überprüft werden. "Im Extremfall kann am Ende eine Entflechtung des Unternehmens stehen", sagte Schaar und verwies auf die Zerteilung des einst marktbeherrschenden US-amerikanischen Telekommunikationskonzerns AT&T vor gut 25 Jahren.
(AFP/dpa)