Googles Weltkarte der Löschanfragen
Der US-Internet-Konzern Google hat am Dienstag eine interaktive Weltkarte veröffentlicht, auf der die Anzahl der von Gerichten und Regierungsstellen verfügten Löschanfragen verzeichnet ist. Deutschland liegt dabei weltweit auf Platz zwei.
Die Karte zeigt die Zahl der Anfragen von Behörden und Gerichten bezüglich Inhalten auf Google-Diensten wie Blogger und YouTube sowie Suchergebnissen und außerdem die Zahl der Anforderungen von Nutzerdaten. Sie zeigt Daten der Fälle, die sich vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2009 ereignet haben. Nicht darauf erfasst sind Löschvorgänge von Inhalten, die auf Grundlage der Nutzungsbedingungen von Google seitens des Unternehmens selbst erfolgt sind.
Auch Löschaktionen von Copyright-geschützten Inhalten auf Anweisung der Rechteinhaber in den USA (DMCA-Takedowns) werden nicht erfasst. Diese werden allerdings ohnehin von Stellen wie dem Chilling Effects Clearinghouse, einer Einrichtung diverser US-Universitäten und der Electronic Frontier Foundation, akribisch gezählt.
"Keine Zensurstatistik"
Während von österreichischen Behörden im untersuchten Zeitraum weniger als zehn Löschanträge gekommen sind, findet sich Deutschland mit 188 Anfragen hinter Brasilien (291) auf Platz zwei der weltweiten Statistik. Bei der Anfrage von Nutzerdaten, wobei in einer Anfrage auch Forderungen nach den Daten mehrerer User enthalten sein können, liegt Deutschland mit 458 Requests auf Platz sieben. In dieser Statistik kommt Österreich nicht vor.
"Es ist keine Zensurstatistik. Da die Löschanfragen nicht weltweit standardisiert sind, können die Daten nicht unmittelbar miteinander verglichen werden", räumte Google-Sprecher Kay Oberbeck gegenüber ORF.at ein. "Wir wollen aber hier trotzdem Transparenz bieten und den Nutzern einen Überblick darüber bieten, mit wie vielen Anfragen wir es weltweit zu tun haben. Laut Zahlen der Open Network Initiative kamen 2002 nur aus vier Ländern weltweit Löschanfragen an Suchmaschinen. Heute kommen solche Anfragen schon aus 40 Ländern." Google wolle die Statistik künftig weiter verfeinern und alle sechs Monate auf den neuesten Stand bringen.
Spitzenreiter YouTube
Für die hohe Zahl der Löschanforderungen aus Deutschland sei auch die Bundesprüfstelle für Jugendgefährdende Medien (BPjM) verantwortlich, so Oberbeck. Elf Prozent dieser BPjM-Anfragen hätten sich auf die in Deutschland verbotene Nazi-Propaganda im Netz bezogen, beispielsweise auf Websites, auf denen Holocaust-Leugner ihre Theorien ausbreiten. Google ist nach Prüfung der Anfragen 94,1 Prozent der Löschanfragen aus Deutschland nachgekommen, die meisten der Anfragen betreffen YouTube (70 Fälle). Dass Brasilien sowohl bei den Auskunfts- wie auch den Löschanfragen an der Spitze stehe, habe in den meisten Fällen mit Verleumdungsklagen im Zusammenhang mit dem Sozialen Netzwerk Orkut zu tun, das in Brasilien besonders stark genutzt wird.
Daten zur Lage in China sind dagegen auf der Karte überhaupt nicht zu finden. "In China sind alle Daten zur Zensur Staatsgeheimnis", so Oberbeck. "Es ist verboten, sie zu veröffentlichen. Wir halten uns in allen Ländern, in denen wir mit Büros vertreten sind und lokalisierte Dienste anbieten, an die jeweiligen Gesetze. Auch in China."