© ORF.at/Nadja Igler, iPad in der Sonne auf Handtuch

IPad 3G: Stubenhocker mit UMTS-Anschluss

GERÄTE
28.05.2010

Mit einer Micro-SIM-Karte kann Apples iPad in der 3G-Version auch unterwegs zum Surfen genutzt werden - theoretisch. Praktisch gibt es dabei einige Probleme zu meistern, etwa den hochspiegelnden Bildschirm, der die Nutzung des Geräts nicht nur am Strand stark einschränkt. Auch für die Navigation im Auto ist das iPad nur bedingt zu empfehlen, meint ORF.at-Testerin Nadja Igler.

Für die Computernutzung unterwegs ist UMTS heutzutage und gerade in Österreich unerlässlich. Vor allem die Hersteller kleiner Netbooks werben gerne mit den unzähligen Verbindungsmöglichkeiten ihrer Rechner, wodurch sich diese besonders für den mobilen Einsatz qualifizieren sollen. Auch Apple bewirbt seinen Tablet-Rechner iPad als Gerät für Unterhaltung und Arbeit unterwegs und bietet dafür eigens eine 100 Euro teurere Version mit UMTS an. ORF.at hat das iPad 3G im Außeneinsatz getestet.

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Am Freitag startet der Verkauf des iPads in neun weiteren Ländern neben den USA, darunter die Schweiz und Deutschland. Im Juli soll das Gerät in Österreich erhältlich sein.

Keine Chance gegen die Sonne

Mit seinem Gewicht von knapp 700 Gramm unterbietet das iPad zwar fast alle Netbooks und zählt zu den absoluten Leichtgewichten, dafür gibt es allerdings keine physische Tastatur. Die On-Screen-Tastatur ist zwar ganz gut bedienbar, zum Verfassen längerer Texte aber nur bedingt zu empfehlen. Wer beruflich viel schreibt, weiß einen knackigen Tastenanschlag und ein wenig Ergonomie zu schätzen - beides kann das iPad so nicht bieten.

Der Touchscreen mit seiner Auflösung von 1.024 mal 768 Pixeln reagiert, wie von iPhone und iPod Touch gewohnt, präzise und zügig auf Eingaben, das Bild ist grundsätzlich brillant und farbintensiv - solange man damit nicht in der Sonne steht. Auch wenn die Sonne sich derzeit rar macht, ist der Umgang mit dem iPad 3G unter freiem Himmel kein Genuss. Man kann zwar noch sehen, was auf dem Bildschirm vor sich geht, aber entspannter Medienkonsum oder gar Arbeit ist so nicht möglich.

Nutzungsprofil auf dem Bildschirm

Die Akkulaufzeit gibt Apple mit WLAN mit bis zu zehn Stunden an, mit einer UMTS-Verbindung und möglichst hellem Bildschirm leert sich der Akku deutlich schneller. Mittlerweile gibt es eigene Lader für den Zigarettenanzünder im Auto, da das iPad 10W benötigt.

Für den Strand oder das Sommerbad ist das iPad wie schon das iPhone und der iPod Touch also nicht zu empfehlen, außer man verrenkt sich für ein wenig Sichtschutz unter dem Liegestuhl oder versteckt sich unter dem Badetuch.

Narzisstisch veranlagte Menschen könnten zwar durchaus Gefallen an dem Spiegeldisplay finden, dann dürften sie das iPad allerdings nicht verwenden - denn jeder Tapper hinterlässt auf dem Schirm unweigerlich seine Spuren, bis hin zu einem gesamten Nutzungsprofil. Die Generation Putztuch lässt ganz freundlich grüßen. Möchte man mit dem Gerät also wirklich arbeiten, empfiehlt es sich, eine Tastatur sowie eine Maus anzuschließen, wodurch die Mobilität wieder ein wenig eingeschränkt wird.

Großer Schirm, dafür unhandlich

Auch im Einsatz als Navigationshilfe im Auto zeigte sich das Gerät nur bedingt von der nutzerfreundlichen Seite. Der Schirm ist zwar groß, so dass man auf der Karte viel von der Umgebung sieht. Sowohl UMTS-Verbindung als auch CPU sind schnell genug, um etwa in Google Maps Inhalte zügig angezeigt zu bekommen. Dafür lässt sich das iPad 3G ohne Beifahrer kaum verwenden, wenn man nicht eine dritte Hand zum Halten oder zumindest eine Automatik sein Eigen nennt.

Auf den Beifahrersitz gelegt, droht das Gerät nämlich bei einer Vollbremsung entweder den Weg alles Irdischen zu gehen oder den Fahrer mit Spiegeldisplay-Reflexionen derart zu blenden, dass er vom Fahren abgelenkt wird. Für die Montage in einem Kleinwagen ist das iPad außerdem zu groß und doch zu schwer.

Inhalte brauchen noch etwas Übung

Die eigens für das iPad verfügbaren Inhalte enttäuschen vorerst noch etwas. Auch wenn bei den HD-Versionen bekannter Spiele wie "Plants vs. Zombies" zusätzliche Modi oder Features integriert wurden, ist der Unterschied zwischen 7,99 Euro (HD-Version) und 2,99 Euro (iPhone/iPod Touch) doch beachtlich. Vor allem wenn man die iPod/iPhone-Version schon hat, erschließt sich der deutlich höhere Preis nicht. Die Macher von "Flight Control" wollen für ihre HD-Ausgabe mit 3,99 Dollar das Vierfache des Preises der iPhone-Version, obwohl die aufgeblasene Variante von ihrem urspünglichen Charme deutlich eingebüßt hat.

526 MB für eine "Wired"-Ausgabe inklusive Werbung

Auch die Medien-Apps sind teilweise ernüchternd: Die ganz frische "Wired"-App ist 526 MB groß und liefert für 3,99 Euro gleich nach dem Titelblatt zuerst einmal zwei Werbeeinschaltungen, die zwingend überblättert werden müssen. Von den ersten 14 Seiten sind acht Werbung - dafür sind einige der Anzeigen interaktiv und haben aktivierbare Links und sogar Videos.

Im Gegenzug erklärt sich nicht bei allen redaktionellen Inhalten sofort die Interaktionsmöglichkeit, etwa bei einer Animation über die Forschungsflüge zum Mars. Es ist zudem nur selten ersichtlich, ob ein Artikel über mehrere Seiten (die dann nach unten statt horizontal scrollen) geht. Da braucht es noch ein wenig Übung.

"Spiegel" digital teurer als in der Trafik

Der "Spiegel" zeigt zwar weniger Werbung, ist dafür mit 3,99 Euro pro Heft auf dem iPad teurer als in der Trafik, wo er in Deutschland 3,80 Euro kostet (in Österreich 4,10 Euro). Eine "Spiegel"-Sprecherin begründete den höheren Preis gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters mit den Vorgaben von Apple, die entweder 2,99 Euro oder 3,99 Euro als Preismöglichkeiten vorsähen. Verlinkt wird aus der "Spiegel"-App wenn, dann auf die eigene Website, so es dort passende Inhalte gibt. Will der Leser Videos, eine Bilderstrecke oder eine Grafik sehen, muss er online sein. Dafür ist der Download eines "Spiegel"-Hefts mit 26 MB UMTS-freundlich.

Obwohl beide Medienanwendungen mitunter wie simple PDF-Dateien aus der Druckvorstufe anmuten, ist das Lesen weniger anstrengend als befürchtet. Auch die Bücher in iBooks, Apples iPad-Buchgeschäft, sind angenehm zu lesen, auch wenn dem Nutzer angesichts der simulierten Seiten manchmal die Haptik eines Buchs und der Geruch von Papier und Farbe fehlen.

Der "Nutzen" ist individuell

In der Redaktion gab es in den vergangenen Monaten teils heftige Diskussionen darüber, ob das iPad nun "nützlich" und unabdingbar ist oder nicht. Ich kann diese Frage maximal für mich persönlich beantworten: Ich habe gezielte Anwendungsszenarien dafür.

Ich surfe bereits jetzt auf dem Sofa, im Bett und sogar in der Badewanne mit dem iPhone oder HTC Desire im Netz und/oder spiele darauf. Mit dem iPad kann ich das nun in höherer Auflösung, auch wenn es mir für die Badewanne dann doch etwas zu schwer ist. Die von mir am meisten genutzte App auf dem iPhone und dem iPad ist ohnedies der Browser. Auch wenn das iPad eher für den Hausgebrauch zu empfehlen ist, ist UMTS zumindest nice to have und bringt im Fall des Falls ein wenig Unabhängigkeit, wenn man mit dem iPad etwa Freunde besucht oder sich doch ins Freie traut.

IPad als bewusste Zäsur und Luxusgerät

Natürlich könnte ich genauso gut, wenn nicht besser auf meinem 12-Zoll-Notebook im Netz surfen, aber das iPad ist für mich auch eine bewusste Zäsur: Inhalte erstellen geht damit nur bedingt, zumindest macht es mir damit nur bedingt Spaß. Inhalte verschieben und kopieren ist mit der Maus schlicht einfacher als mit Touchscreen. Daher kann ich auch mit den Einschänkungen leben - wenn ich echte Inhalte schaffen will, gehe ich an mein Arbeitsgerät, den Computer.

Das iPad ist für mich ein Gerät für den vornehmlich passiven Konsum von Inhalten - ein Luxusgerät, wenn man so will. Abseits davon will ich darauf noch spielen, und mit dem Store und den zahlreichen Entwicklern dahinter bietet Apple im Moment dafür noch die meisten Möglichkeiten. Ein wenig Konkurrenz könnte dem Tablet-Markt aber definitiv nicht schaden - und dann gerne auch mit matter Oberfläche.

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(futurezone/Nadja Igler)