Touchscreens: Das Indium-Problem
Der Trend zu Flachbildschirmen und Touchscreens ist ungebrochen. Das für die Herstellung von Touchscreens benötigte Schwermetall Indium ist jedoch selten und wird schnell knapp. Eine Alternative wurde bisher nicht gefunden. Kluge Strategien für die Wiederverwertung sind gefragt.
Flach ist in. Kein Mensch kauft heutzutage noch einen Röhrenmonitor - nicht einmal secondhand -, sondern nur noch einen Flachbildschirm. Wer seinen alten dicken Monitor loswerden möchte, kann das gerade noch auf dem Mistplatz der Gemeinde tun. Besonders beliebt sind Bildschirme, die gleichzeitig Bedienelement sind - also Touchscreens.
Apples iPad verdankt seine ganze Attraktivität einem brillanten Display, das gleichzeitig als Tastatur- und Mausersatz funktioniert. Der Trend zum Touchscreen verursacht aber ein Problem: Für die Herstellung der Bildschirme - sowohl für die kapazitive als auch für die druckempfindliche Variante - wird das Schwermetall Indium benötigt, das auf der Erde sehr selten ist.
Am Sonntag in "matrix"
Sonja Bettel und Jan Lublinski gehen am Sonntag, dem 20. Juni 2010 um 22.30 Uhr, in der Ö1-Reihe "matrix" der Frage nach, ob der Elektronikindustrie bald Rohstoffe wie Indium und Tantal ausgehen werden.
Ein Schatz im Erzgebirge
Die Primärproduktion von Indium lag im Jahr 2006 bei 500 bis 580 Tonnen. Die theoretischen Reserven in der Erdkruste betragen laut US Geological Survey vom Jahr 2008 rund 16.000 Tonnen, davon gelten 11.000 Tonnen als wirtschaftlich abbaubar. Weitere 1.000 Tonnen sollen im sächsischen Teil des Erzgebirges in Deutschland schlummern, wie der Privatdozent Thomas Seifert von der TU Bergakademie Freiberg, Fakultät für Geowissenschaften, Geotechnik und Bergbau, im Jänner 2009 bekanntgab.
In Summe ist das aber immer noch nicht viel, denn die statische Reichweite (also die aktuell bekannten weltweiten wirtschaftlich förderbaren Vorkommen eines Rohstoffs bei weiter aktuellem Verbrauch) wird mit 19 Jahren angegeben. Und der Bedarf nach Flachbildschirmen und Touchscreens steigt. Auch für Dünnschichtsolarzellen würde man Indium gerne verwenden, doch dafür würde es wirklich nicht reichen, meint Emmerich Bertagnolli, Leiter des Instituts für Festkörperelektronik der Technischen Universität Wien.
Für Solarzellen lässt sich Indium durch aluminiumdotiertes Zinkoxid ersetzen, für Flachbildschirme und organische Leuchtdioden gibt es derzeit aber noch keine Alternative. Indium hat den großen Vorteil, dass es gleichzeitig gut leitfähig und durchsichtig ist.
Japaner recyceln bereits
Weil der Preis von Indium aufgrund der Knappheit und der sprunghaft angewachsenen Nachfrage immens gestiegen ist, setzt die Industrie jetzt auf Recycling. Die Sekundärproduktion übertrifft mittlerweile die Primärproduktion und lag im Jahr 2008 bei 800 Tonnen. Das Recycling erfolgt derzeit vor allem durch Wiederverwertung von Rückständen aus der Beschichtung. In Japan werde Indium aber auch aus alten Flachbildschirmen wiedergewonnen, so der Abfallwirtschaftsforscher Stefan Salhofer von der Universität für Bodenkultur in Wien.
In Europa würden derzeit weder Recyclingtechnologien für Indium eingesetzt, noch gebe es eine eigene Sammellogistik, sagte Salhofer. Die MA 48, die Abfallwirtschaft in Wien, zum Beispiel zerlegt alte Flachbildschirme derzeit, entfernt eventuelle Schadstoffe und nimmt Metallbestandteile heraus - der Rest wandert in die Müllverbrennung, wo das Indium für immer verloren geht.
Suche nach Alternativen
Bei weiter steigender Nachfrage und steigendem Preis wird das weltweite Recycling aber zur Notwendigkeit und sehr rentabel werden, selbst wenn in einem Gerät nur geringe Mengen Indium enthalten sind. Außerdem, so Salhofer, sollten die Produktions- und Recyclingprozesse verbessert werden. Ebenso wird es wirtschaftlich sinnvoll werden, auch Erze mit geringeren Indium-Gehalten auszubeuten. Nicht zuletzt werde man die Forschung nach Ersatzmaterialien intensivieren müssen, so TU-Professor Bertagnolli.
(matrix/Sonja Bettel)