ACTA offenbar kurz vor Abschluss
Im September findet in Japan die nächste Runde in den Verhandlungen über das umstrittene Anti-Piraterie-Abkommen ACTA statt. Diese Runde könnte die letzte vor der Unterzeichnung sein. Umstritten sind weniger die möglichen iPod-Kontrollen an der Grenze oder der Export der harten US-Copyright-Gesetze, sondern vielmehr der Schutz von Herkunftsbezeichnungen für Lebensmittel.
Die EU-Kommission veröffentlichte am Sonntag eine kurze Stellungnahme zum Stand der verdeckten Verhandlungen über das umstrittene Anti-Piraterie-Abkommen (Anti-Counterfeiting Trade Agreement, ACTA). Das Abkommen, mit dem Produktfälschungen und Medienpiraterie bekämpft werden sollen, sei demnach bei den Verhandlungen in der vergangenen Woche in der US-Hauptstadt Washington "auf allen Gebieten" vorangekommen.
Details oder gar der gegenwärtige Stand des Entwurfs wurden, wie bei ACTA üblich, von der EU-Kommission nicht bekanntgegeben. Die nächste Verhandlungsrunde soll im September in Japan stattfinden. Die EU-Kommission verspricht zwar, dass der Text vor seiner Unterzeichnung veröffentlicht wird, der kanadische Rechtsprofessor und ACTA-Kritiker Michael Geist stellte jedoch fest, dass es dann schon zu spät sei. Die Unterzeichnerstaaten könnten das Abkommen dann nur noch akzeptieren oder ablehnen.
Grundrechte und Parmesan
Wie die Nachrichtenagentur Reuters vergangene Woche berichtet hat, streiten sich EU und USA noch darüber, ob Herkunftsbezeichnungen von Lebensmitteln wie "Parmesan" von ACTA geschützt werden sollen oder nicht. Handelskommissar Karel De Gucht hat das zur Priorität der EU in den Verhandlungen erklärt. Sollte dieses Problem gelöst werden können, könnte das Abkommen noch im September finalisiert werden, berichtet Reuters unter Berufung auf ungenannte Teilnehmer an den Verhandlungen.
Die EU-Kommission bemüht sich, die Kritiker zu beschwichtigen. So schreibt sie, dass das Abkommen die Grenzbehörden nicht dazu "verpflichten" werde, elektronische Geräte bei Kontrollen nach unlizenzierten Kopien von Mediendateien zu durchsuchen. Das ist insofern wahr, als dass die bisher durchgesickerten ACTA-Entwürfe es jedem Unterzeichnerstaat schlicht freistellen, solche Kontrollen einzuführen.
Internationalisiertes US-Recht
Die Kommission behauptet weiterhin, dass ACTA nicht in die Grundrechte der EU-Bürger eingreifen werde, man werde sich auch an die Vorgaben des TRIPS-Abkommens halten. Zu einem der wichtigsten Punkte im "Internetkapitel" von ACTA schweigt sich die Kommission aus. Nach den letzten bekanntgewordenen Entwürfen sollen die Provider für die Inhalte in ihren Netzen verantwortlich gemacht werden, die USA streben mit ACTA eine Internationalisierung ihrer Copyright-Gesetzgebung an. Diese beinhaltet für Konzerne unter anderem die Möglichkeit, mit kurzen Hinweisen aus der Rechtsabteilung an die Provider missliebige Inhalte aus dem Netz nehmen zu lassen.
Zumindest dieser Punkt würde gegen geltendes EU-Recht der E-Commerce-Richtlinie verstoßen. Mit der "Digitalen Agenda" versucht die EU derzeit, ihren Online-Rechtsrahmen zu überarbeiten. Mit ACTA setzen Kommission und US-Medienindustrie bereits im Vorfeld harte Vorgaben für das weitere Vorgehen.
(futurezone/Reuters)