Nihilistischer Ego-Shooter aus der Schweiz
Mit dem experimentellen Computerspiel "Laichenberg" spiegelt das Game-Kollektiv AND-OR aus Zürich das Prinzip Ego-Shooter auf den Spieler selbst zurück. Der Gamer irrt durch die Gänge der Alpenfestung und killt gesichtslose Feinde ohne Unterlass. Die Beschaulichkeit ruhe in Frieden.
Das Zürcher Game-Kollektiv AND-OR hat einen kostenlosen experimentellen Ego-Shooter unter dem Titel "Laichenberg" veröffentlicht. Das Game, das mit dem Entwicklungswerkzeug Unity für Mac und PC geschrieben wurde, basiert auf dem Schweizer Alpenfestungsmythos sowie auf Friedrich Dürrenmatts Fragment "Winterkrieg in Tibet".
Der Spieler arbeitet sich als "Soldat 23" durch finstere Bunkeranlagen, die von Feinden wimmeln - verdammt vielen Feinden, die permanent gespawnt, also vom System "abgelaicht" werden - daher der Name des Games. Anders als in den meisten Ego-Shootern verschwinden die erschossenen Gegner allerdings nicht von der Bildfläche, sondern sie fallen aufeinander, türmen sich in den Korridoren auf, verstopfen die Ausgänge. Einen Plot oder ein Ziel gibt es nicht, der Spieler ist sein eigenes Bossmonster. Die üblichen Ego-Shooter-Alibis wie "Strategie" oder "Teamplay" fallen endlich weg. Es bleibt nur der nackte Kill.
Das System versucht, anhand der IP-Adresse des Spielers auch dessen Standort zu erfassen, jeder Killer bekommt nach erledigtem Job seinen Platz auf einer Google Map. Nach dem virtuellen Tod der eigenen Figur zeigt das Spiel noch in einem gespenstisch anmutendem Moment die Halde, auf der die erledigten Gegner landen. Unablässig regnet es Körper auf einen zuckenden Haufen aus Helmen, Uniformen und Leibern, darüber flimmert ein Informationsfeld, das anzeigt, wer da gerade wo massakriert.
"Laichenberg" erinnert in seiner Konsequenz an den ostentativ digital produzierten Killerfilm "Gamer" (2009) von Mark Neveldine und Brian Taylor. Basisinstinkt und Hirnstamm-Feedbackloop reichen. Warum soll die virtuelle Welt auch weniger stumpf sein als die reale? "Ich fand etwas Sinn für mein Leben", heißt es im Vorspann. Genau so ist es. Ab in den Tunnel.
(futurezone/Günter Hack)