Erster Strafprozess zur YLine-Affäre
Der Beginn des Hauptverfahrens gegen die 2001 spektakulär Pleite gegangene Wiener Internet-Firma YLine lässt weiter auf sich warten.
Im Wiener Landesgericht für Strafsachen fand am Mitwoch die erste Verhandlung in der YLine-Affäre statt. Dabei stand der Vorwurf der vorsätzlichen Steuerhinterziehung von 300.000 Euro im Raum - Strafandrohung bis zu zwei Jahre Haft.
Bei dem Verfahren handelt es sich jedoch nur um ein Nebenverfahren. Die Ermittlungen im Hauptverfahren, bei dem es unter anderem um Betrug, Bilanzfälschung und Untreue geht, dauern immer noch an.
Vorwurf des Abgabenbetrugs
Im Mittelpunkt des Verfahrens am Mittwoch stand die YLine-Baukasten-Software ARES, die es laut Staatsanwalt Georg Krakow nie als gebrauchsfähiges Produkt gegeben hat: "Wenn man eine Rechnung ausstellt über etwas, das es nicht gibt, darf man auch keine Vorsteuer von der Rechnung geltend machen."
Werner Böhm, Gründer von YLine, Anneliese Prem, früher als YLine-Vorstand für die Beteiligungen zuständig, und der Deutsche Johannes-Georg Staab, Ex-Geschäftsführer der YLine-Tochter Proofit-M-Commerce, wiesen die Vorwürfe zurück und bekannten sich nicht schuldig. Der Prozess wurde vertagt.
22 Millionen Euro Schulden
Der frühere IBM- bzw. CA-Mitarbeiter Böhm hatte Ende der 90er Jahre mit seiner IT- und Provider-Firma für Furore gesorgt. 30.000 IBM-PCs wurden unter die Leute gebracht. Im Sommer 2000 ging YLine in Brüssel an die Börse.
Danach platzte ein Deal mit der Firma Beko. Im Juli 2001 eskalierte eine "Zahlungs-Auseinandersetzung" mit IBM. Zwei Monate später musste Böhm schließlich Konkurs beantragen. Zurück blieben nicht nur 22 Millionen Euro Schulden, sondern auch die Aktionäre, die mit der Firma ihr Vermögen verloren. Das Insolvenzverfahren läuft noch.
Ermittlungen wegen Betrugs, Untreue und Bilanzfälschung
Wann das Hauptverfahren wegen der YLine-Pleite beginnt, lässt sich noch immer nicht abschätzen.
Ermittelt wurde in den vergangenen Jahren nicht nur wegen Abgabenhinterziehung sondern auch wegen Betrugs, Bilanzfälschung, Untreue und des Insiderhandels. So soll das Unternehmen für übernommene Firmen an Verkäufer im Naheverhältnis von YLine laut einem Gutachten des Masseverwalters 36 Millionen Euro zu viel gezahlt haben - zum Teil durch Ausgabe neuer Aktien, die an der Börse dann versilbert worden sein sollen.
Eine Anklage gibt es aber noch nicht. Derzeit stockt die Aufbereitung der Akten, nachdem Chefankläger Krakow mit der BAWAG-Affäre im Augenblick voll eingedeckt ist, hieß es aus Justizkreisen am Donnerstag.
(APA)