Altersgrenzen bei Spielen wirkungslos

07.06.2007

Altersbeschränkungen für Online-Computerspiele halten laut einer Studie der Universität Frankfurt Jugendliche nicht vom Spielen ab. Im Gegenteil: Nach Meinung von Soziologen schaffen sie gerade die Anreize.

"Der Zugang zu den Spielen ist völlig unproblematisch und leichter, als eine Flasche Wodka an der Tankstelle zu kaufen", sagte der Soziologe Klaus Allerbeck am Mittwoch bei der Vorstellung der Studie. "Alles wird auf Schulhöfen irgendwie getauscht."

"Altersgrenzen schaffen Anreize"

In der Befragung von rund 600 Online-Spielern nannten 40 Prozent der 13- bis 15-Jährigen ein Lieblingsspiel, das für ihr Alter noch gar nicht freigegeben ist.

"Die Altersgrenzen schaffen gerade die Anreize", stellte Allerbeck fest. Die Untersuchung sei repräsentativ für die Spieler interaktiver Online-Videospiele.

"Mit dem Rücken zur Welt oder virtuelle Welten der Zukunft? Onlinespieler und ihr Hobby?" lautet der Titel der Studie. Befragt wurden Spieler von Ego-Shooter-Spielen [beispielsweise "Counter-Strike"] und von Rollenspielen [wie etwa "World of Warcraft" und "Guild Wars"].

Nur technische Verfahren effektiv

Damit die Eltern den Umgang ihres Nachwuchses, "in der Regel die Computerexperten der Familie", mit den Spielen überhaupt kontrollieren könnten, müssten technische Verfahren eingeführt werden. Alles andere sei wirkungslos, sagte der Professor.

Als Beispiele nannte Allerbeck Zugangschips wie die Geldkarten bei Zigarettenautomaten und herausnehmbare Hardware-Teile, mit denen die Eltern die Computer ausschalten könnten, "ohne die Hauptsicherung zu betätigen". Denkbar seien auch Server mit "festen Bettzeiten" für Jugendliche.

"Die Möglichkeiten sehen"

Es sei allerdings "nicht zweckmäßig, nur die Verbotsecke aufzumachen, man muss auch die neuen Möglichkeiten sehen", forderte der Soziologe. Als Beispiele nannte er das Training kognitiver Fähigkeiten, der Augen-Hand-Koordination und der Feinmotorik.

60 Prozent der befragten Jugendlichen unter 16 Jahren spielen der Studie zufolge mehr als vier Stunden am Tag am Computer. "In dieser Altersgruppe wird so viel gespielt wie in sonst keiner", sagte Mitautor Maurice Farrouh.

Laut einer US-Studie sind Ärzte, die sich wöchentlich mehr als drei Stunden mit Videospielen befassen, bei endoskopischen Eingriffen deutlich schneller und machen weniger Fehler als ihre Kollegen, die nie am Computer spielen.

"Potenzielle Amokläufer"

Das eigene Image wird von den Spielern laut Studie als schlecht eingeschätzt. 90 Prozent glauben, sie würden von Nichtspielern als spielesüchtige, kindische Außenseiter oder potenzielle Amokläufer angesehen.

Sie haben das Gefühl, sich für ihr Hobby rechtfertigen zu müssen. Dabei schreibt die Mehrzahl der Spieler ihrer Beschäftigung selbst positive Effekte zu wie beispielsweise das Training von Reflexen und taktischem Denken.

In Deutschland sollen nach dem Amoklauf von Emsdetten die Kriterien im Jugendschutzgesetz für die Beurteilung von Gewaltszenen bei Computerspielen verschärft werden.

(futurezone | dpa)