Netzpotentaten treffen TV-Oligarchen

14.06.2007

Die Chefs von CBS, Warner, EMI tagen mit ihresgleichen von Google, Yahoo und Sun in Kalifornien. Auf der Tagesordnung stehen Copyright-Fragen und der Werbungseinbruch bei den TV-Networks in Quartal eins.

Seit gestern tagt im kalifornischen Beverly Hills eine Runde von absolut Großkopferten, wie man sie üblicherweise selten zusammen tagen sieht.

Auf Einladung von Google, Yahoo und Sun treffen die Großen der Medienbranche wie CBS-Chef Leslie Moonves, EMI-Chef Roger Faxon oder Bruce Rosenblum, Präsident des TV-Units von Warner Brothers, auf die Größen des Internets: YouTube-Chef Chad Hurley, Google-CEO Eric Schmidt, die Chefs von Yahoo und Sun, Terry Semel und Jonathan Schwartz und andere sind ebenso vertreten.

Es pressiert

Was die Netzpotentaten mit den Video-Oligarchen zu bereden haben, ist klar. Im März hatte der Medienreise Viacom, der jüngst einen deutlichen Gewinnrückgang verbuchen musste, YouTube auf eine Milliarde Dollar Schadenersatz geklagt, in Folge begann auch NBC Universal, scharf gegen Urheberrechtsverletzungen durch YouTube und andere zu schießen.

Irgendwie müssen diese beiden auf Kollisionskurs befindlichen Industrien miteinander klarkommen, wobei es den alteingesessenen Medien-Oligarchen damit momentan mehr pressiert als der neumodischen Internet-Industrie.

Anzeigen im Eck

Nach einem äußerst schwachen ersten Quartal mussten die Prognosen für das US-Anzeigengeschäft 2007 insgesamt von ohnehin moderaten 2,3 Prozent nach unten revidiert werden. Mit nur 1,7 Prozent Zuwachs wird das Gesamtwachstum insgesamt so schwach ausfallen wie letztmals im "Rezessionsjahr" 2001.

Zur Erinnerung: Damals war nach dem Platzen der Dot.com-Blase auch das Anzeigengeschäft im Eck.

Immer dann, wenn das Gesamtwerbegeschäft nicht richtig läuft, wächst der Anteil an Internet-Werbung rasant - auf Kosten traditioneller Medien, da der Umfang des so genannten Werbekuchens nun einmal endlich ist.

Wie das Gras wächst

Besonders mager ausfallen soll 2007 für die großen US-Networks wie CBS oder NBC, die "free to air" ausstrahlen, die Umsätze steigen da nur um prognostizierte 1,3 Prozent. Anders als die "Allgemein-Broadcaster" steigern kostenpflichte Kabelkanäle, die zumeist Spartenfernsehen bieten, ihre Werbezuwächse voraussichtlich um 5,9 Prozent.

Derartige Zahlen sagen nicht nur die Marktforscher von TNS Media Intelligence voraus. Der seitens der Medien gerne mit dem Epithet "Medien-Tycoon" versehene Rupert Murdoch hört trotz fortgeschrittenen Alters das Gras offenbar noch recht gut wachsen.

Google, Metamorphose

In den vergangenen 18 Monaten hat Murdochs News Corp nicht umsonst massiv Internet-Firmen eingekauft, beginnend mit dem Konsumentenportal MySpace.

Google wiederum hat die verbreitet skeptisch beäugte Akquisition von YouTube offenbar aus ganz ähnlichen Motiven wie Murdoch riskiert: Zu erwartende Umsatzrückgänge bei den traditionellen Medien sind im Interesse eigener Marktanteile auszunützen.

Da enden freilich die Gemeinsamkeiten, denn während Google dabei ist, vermittels Video-Oberhoheit in den TV-Werbungsmarkt einzubrechen, war der milliardenschwere Erwerb von MySpace für Murdochs Medienkonzern erst einmal Verteidigungsmittel mit guter Hoffnung auf baldige Metamorphose zum Marketingkanal.

Borat, Murdoch, Museum

Der Ort des Treffens, das Paley Center for Media, wurde erst am 5. Juni 2007 so benannt. Davor hatte es 31 Jahre lang "The Museum of Television & Radio" geheißen, was möglicherweise symptomatisch ist.

(futurezone | Mercury News | SFGate.com | nypost.com)