Handystreik im Libanon

19.07.2007

Der Libanon gilt als einer der teuersten Mobilfunkmärkte der Welt. Um das zu ändern, haben Konsumentenschützer im Juli zum Handystreik aufgerufen. Den Staat haben sie allerdings gegen sich, denn die Mobilfunkbetreiber stellen 38 Prozent seines Budgets.

Im Libanon haben Konsumentenschützer und Gewerkschaften zum Handyboykott aufgerufen. Am 20. Juli sollten die Nutzer ihre Mobiltelefone für vier Stunden abdrehen, um gegen die extreme hohen Preise und die schlechte Netzqualität zu protestieren. Rund 60 Prozent der Handytelefonierer beteiligten sich an dem Streik.

Eine Minute für 35 US-Cent

Der Libanon ist eines der teuersten Handymärkte im Nahen Osten, wenn nicht sogar weltweit. Laut der Organisation Consumers Lebanon beträgt der Preis für eine Minute Handytelefonie derzeit für Vertragskunden 0,35 US-Dollar [0,25 Euro] und für Prepaid-Kunden 0,52 US-Dollar [0,38 Euro]. Die realen Kosten für die Betreiber werden auf 0,02 US-Dollar [0,01 Euro] geschätzt.

Auch der Vertrieb der mobilen Anschlüsse unterliegt einem Monopol von 27 Händlern, die den Preis für eine neue Nummer von den veranschlagten 51 US-Dollar [37 Euro] etwa während der Touristensaison auf bis zu 250 Dollar [181 Euro] anheben.

Die Penetrationsrate stagniert in den letzten fünf Jahren bei 25 Prozent, während die Nachfrage in Nachbarländern wie Jordanien boomt.

Doch nicht nur die Preise schrecken viele potenzielle Nutzer ab, die Infrastruktur ist viel zu schwach, um noch mehr Kunden zu versorgen.

Staatliches Duopol

Die zwei Betreiber Alfa und MTC, beide teilweise in staatlichem Besitz, teilen sich den Markt. Alfa etwa hat die Tarife zuletzt im Oktober 2004 geändert. Konsumentenschützer wollen nun mit dem Streik Druck auf das Telekommunikationsministerium ausüben, längst versprochene Reformen endlich durchzuführen.

Auch die neu gegründete Regulierungsbehoerde TRA hat bereits zugegeben, dass im Mobilsektor ein Monopol besteht. Auf Grund der angespannten politischen Situation wurden aber die nötigen Gegenmaßnahmen wie auch die Privatisierung immer wieder aufgeschoben.

38 Prozent der Staatseinnahmen

Wie die libanesische Nachrichtenagentur NNA berichtet, warnt die Regierung zudem, dass die Liberalisierung des Marktes bedeutende Einschnitte für die Staatskasse und damit auch "die Gehälter der libanesischen Armee und Beamten" bedeute.

Laut Schätzungen machen die Einnahmen im Telekom-Sektor im Libanon derzeit rund 38 Prozent des Staatsbudgets aus.

Die libanesische Industriellenvereinigung kritisiert, dass der Verkauf der beiden Netzbetreiber lediglich eine Weitergabe des Monopols an den privaten Sektor bedeuten würde. Deshalb sei eine dritte Lizenz nötig.

Dritte Lizenz gefordert

Nach dem Handystreik wurde dem Ministerium eine Liste mit Forderungen vorgelegt, die neben der Liberalisierung und der Senkung des Preisniveaus auch einen Ausbau der Infrastruktur sowie die Einführung der sekundengenauen Abrechnung beinhalten. Im Rahmen des Boykotts wird auch die Ausschreibung einer dritten Handylizenz gefordert.

Bereits 2004 hatten mehrere Organisationen zu einem Handystreik aufgerufen, die Beteiligung lag damals bei rund 63 Prozent.

(futurezone | Nayla Haddad, Beirut)