Die Hacker von Leiwandville

10.08.2007

Sanft beleuchtet von einer LED-Matrix konstruierte die österreichische Hacker-Delegation auf dem Chaos Communication Camp bei Berlin einen schusskräftigen Erdäpfelwerfer. Am Samstag Abend wurde damit ein Satz SCO-UNIX-CDs füsiliert.

Vor den als Vortragssäle benutzten Hangars auf dem ehemaligen Sowjet-Militärflughafen Finowfurt bei Berlin steht eine MIG 23, wenige Meter dahinter eine Telefonzelle der österreichischen Post.

Die Zelle markiert den Eingang zu LeiwandVille, dem Zeltstädtchen der Österreicher auf dem Chaos Communication Camp, logischerweise bietet die

Telefonzelle-VoIP­Telefonie - auf dem originalen Schilling-Münztelefon.

Gutes Leben, feines Gerät

Ein eigener Verpflegungshänger, ein Feuerwehr-LKW, der weitaus größte Swimming-Pool auf dem Camp, sowie ein mit seiner Ware mitgereister

Weinbauer tragen dazu bei, dass die Österreicher auf der Skala der Camp-Exzentrismen ganz oben stehen.

Die Hardware-Basteltruppe aus dem Wiener Metalab zeichnet darüber hinaus für ein paar technische Extravaganzen verantwortlich, die man in einer

Zeltsiedlung eher nicht erwarten würde.

Im gut 20 Quadratmeter großen Elektro-Werkstattzelt von Leiwandville wird an einer LED-Matrix gelötet, die aus 3.456 ultrahellen, blauen LEDs mit einem Spartan 3AN FPGA Board und 54 Treiber-Modulen besteht.

Ein selbstgeschriebenes MPlayer-Plugin macht aus dem Bastelwerk ein programmierbares, äußerst lichtstarkes Anzeigeboard, das MPEG-Dateien in 16 Helligkeitsstufen darstellen kann.

Gut fürs Gehirn

Bis zum Redaktionsschluss dieses Artikels noch nicht ganz fertig war ein selbstgebasteltes 8-Kanal-EEG mit aktiven Elektroden zur Datenanalyse von Hirnströmen. Dieses Elektro-Enzephalographiegerät ist der erste Bauteil eines Gehirn-Computer-Interface, das während des Chaos Communication

Camps wohl nicht mehr fertig werden wird, meinen jedenfalls die Metalab-Ingenieure.

Am Freitag Nacht steht die zwölfte "Taugshow" der Wiener Medienkünstler monochrom im Hangar "Foo" auf dem Programm. Zusammen mit der Spaßguerilla-Abteilung der quintessenz wurde ein Camp-weites Ereignis erarbeitet, das am Samstag Nachmittag in Szene geht.

Kartoffeln gegen Patentansprüche

Vom Lenin-Denkmal auf dem ehemaligen Militärflughafen Finowfurtn setzte sich ab 18 Uhr ein Zug von Kapuzenträgern unter Trommelschlag in Bewegung. Das Ziel war eine Bunkerwand, vor der unter den Kameraugen von Helikopter-Drohnen ein "Hax0rzismus" gegen SCO Unix abgehalten wird. Die Firma SCO wird wegen ihrer Patentansprüche auf das Linux-Betriebssystem bekanntlich als Inkarnation des Bösen angesehen.

Am Ende des "Hax0rzismus" trat eine weitere technische Entwicklung aus Österreich, der "Potat0r", auf den Plan. Von den Entwicklungsingenieuren wird er zwar als Gerät für "energy redistributed carbohydrates" bezeichnet, im Volksmund von Leiwandville heißt er jedoch "Erdäpfelwerfer".

Technisch gesehen ist der Potat0r ein PVC-Rohr mit umfunktioniertem Taser, Treibgasladung und Laserzielgerät.

Damit wurde unter inniger Anteilnahme des Publikums ein kompletter Satz SCO-UNIX-CDs an der Bunkerwand füsiliert. Anlass war das Ergebnis eines Prozesses in den USA, der das nahe Ende von SCO bedeutet.

(Erich Moechel aus Finowfurt)