Videodrohnen bald für jedermann
Ultraleichte Quadrokopter im UFO-Stil waren die Attraktion auf dem Chaos Communication Camp. Die Gerätchen können Videostreams in PAL-Qualität übertragen und fliegen bereits nach GPS-Koordinaten. Mehrere Konstrukteure im Gespräch mit ORF.at.
Was bisher James Bond und seinesgleichen oder militärischen Spezialeinheiten vorbehalten war, ist mittlerweile jedem ambitionierten Bastler möglich: nämlich ein Gelände mit ferngesteuerten Mini-Helikoptern zu erkunden.
Auf dem Chaos Communication Camp, das am Sonntag zu Ende ging, waren die ultraleichten Quadrokopter eine der Hauptattraktionen. Vom selbst gebastelten X-BL UFO bis zu professionellen Microdrones reichte die Palette der Flugobjekte, die verblüffende Eigenschaften haben.
Mikrokopter [siehe unten] vor einem ausgedienten Radom [Schutzhülle für Radarantennen] auf einem der Bunkerhangars des ehemaligen Sowjet-Militärflughafens Finowfurt bei Berlin.
==Des Beta-XBL-UFO==
"Zwei linke Hände sollte man freilich nicht haben", sagt Simon Budig, der mit einem Quadrokopter-Eigenbau vertreten war, der alles in allem etwa 800 Euro gekostet hat.
Sein Beta-X-BL-UFO basiert auf dem Einsteigermodell X-UFO, das freilich mehr ein Spielzeug ist denn ein Fluggerät. Von diesem sind nur noch die Rotoren übrig, denn alles Übrige hat Budig gegen leistungsfähigere Komponenten ausgetauscht.
Bürsten und Mikro-Controller
Es begann mit den vier Bürstenelektromotoren des X-UFO, die mehr durch Lautstärke als durch Antriebskraft auffielen.
Diese wurden gegen quasi berührungslose Aggregate getauscht, dann wurde das Gerät mit sieben Mikro-Controllern ausgestattet. Ein 950-Milliampere-Akku liefert eine Spannung von etwa zwölf Volt zum Antrieb, gesteuert wird das X-BL UFO auf der Frequenz 35,19 MHz.
Das bürstenlose UFO beim Start. Der Konstrukteur [mit Fernsteuerung] benutzte es zwischendurch als Handheld-Ventilator zur Abkühlung.
=="... und etwas Kabelfrickelei"==
Schließlich waren noch "ein bisschen Löten und etwas Kabelfrickelei nötig", so Budig, denn eine Leuchtspirale musste her, um das UFO auch nachtflugtauglich zu machen. Der komplette Rahmen wurde dafür getauscht, so dass vom Spielzeug-UFO nur noch die Rotorblätter erhalten blieben.
"Das Hauptproblem beim Fliegen ist zu wissen, wo vorne ist", sagt Budig, zumal es bei den scheibenförmigen Quadrokoptern kein klar definiertes "Vorne" gibt.
Der Mikrokopter
Für weniger, als Budig allein an Materialkosten investiert hat, nämlich um die 800 Euro, gibt es mittlerweile Bausätze für den leistungsfähigen Mikrokopter.
Im "Hackcenter" des Chaos Communication Camps waren auch Holger und Ingo, die Konstrukteure des Mikrokopters, zugegen. CCC-Hacker "Steini", der für seine Drohnen-Flugkunststücke im Vortragshangar Foo mit sehr viel Beifall bedacht worden war, hatte wie alle anderen ebenfalls mit dem "X-UFO-Tuning" angefangen.
Das Motto: "Wenn du das Ding erst einmal im Wohnzimmer geflogen und die erste Lampe zerlegt hast, willst du ein Größeres zum Draußenfliegen."
Fernsteuerung abschaffen
Darüber, dass die Abschaffung der Fernsteuerung der logische nächste Schritt in der Entwicklung des Projekts ist, sind sich die Ingenieure einig. Es müsse eine Computersteuerung her, am einfachsten über Google Maps, danach kommt künstliche Intelligenz.
Der Mikrokopter kann zudem um gerade einmal 60 Euro mit einem GPS-Empfänger aufgerüstet werden.
Der erste autonome Flug des Mikrokopters, der dokumentiert ist, gelang bereits Mitte Juli. Das Gerät flog genau nach den vorher programmierten GPS-Daten von Punkt zu Punkt, ebenso vorgesehen bzw. schon realisiert ist eine Aufhängung für eine digitale Kamera, von deren Einsatz es ebenso zahlreiche Videobeispiele gibt.
Die Microdrones sind fertig
Wer nicht selbst Platinen mit Bauteilen bestücken will oder auch mit Oszilloskop und Multimeter nicht so recht umgehen kann und das Gegenteil von einem "Kabelfrickler" ist, muss tiefer in die Tasche greifen und um ein Mehrfaches eine Microdrone erstehen.
Dabei handelt es sich bereits um professionelles Gerät, das fertig zu kaufen ist. Als Vertriebspartner der Firma Microdrones sind etwa Firmen aufgeführt, die "Blaulichtlösungen" oder solche für "Homeland Security" führen.
PAL-Videos
Die Konsequenz daraus, dass diese etwa ein halbes Kilo schweren Fluggeräte über Minikameras Videostreams in PAL-Qualität liefern können - was die auf dem Camp anwesende Generalsekretärin der ARD, Verena Wiedemann, verblüffte -, ist den Mikrokopter-Enthusiasten sehr wohl bewusst.
Das staatliche Engagement
Man sei sich durchaus bewusst, dass hier im staatlichen wie privaten Bereich eine technische Entwicklung mit Bedrohungspotenzial auf die Gesellschaft zukomme, sagte CCC-Mann Ron zu ORF.at.
Gerade deshalb sei es für den Hacker angesagt, eigenes Wissen aufzubauen, um dem kommenden staatlichen Engagement etwas entgegenzusetzen.
Microdrone vor Hackcenter
Wenn Budig nicht am Quadrokopter "frickelt", beschäftigt er sich etwa mit dem "Zusammenhang zwischen fraktaler Dimension und Konvergenzgeschwindigkeit der Spektralreihe bei rationalen Fraktalen" oder schreibt Plug-ins für die Linux-basierte Grafiksoftware GIMP.
(futurezone | Erich Moechel)