Schaar und das "Ende der Privatsphäre"

kommunikation
09.10.2007

Der deutsche Datenschutzbeauftragte Peter Schaar hat anlässlich der Präsentation seines Buches über den "Weg in die Überwachungsgesellschaft" vor der immer größer werdenden Datenflut im Alltag gewarnt.

"Wir haben es heute mit Technologien zu tun, die immer unsichtbarer, aber auch ständig gegenwärtig sind", sagte er am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung von "Das Ende der Privatsphäre - Der Weg in die Überwachungsgesellschaft".

Als Beispiele nannte Schaar die geplante Speicherung von Fingerabdrücken jedes Bundesbürgers in Ausweisdokumenten sowie die geplante Vorratsdatenspeicherung.

Vorratsdaten vs. Unschuldsvermutung

Mit Blick auf die Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten sagte Schaar, die Unschuldsvermutung sei in Gefahr. Die für eine freiheitliche Gesellschaft unabdingbare unbefangene Kommunikation werde damit erheblich beeinträchtigt.

Nach dem Gesetzesentwurf der deutschen Bundesregierung sollen Telekommunikationsdienste ab 2008 verpflichtet werden, die Daten ihrer Kunden sechs Monate lang zu speichern. Gespeichert wird, wer mit wem per Telefon, Handy oder E-Mail in Verbindung gestanden ist.

In Österreich wurde die Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung vorläufig verschoben, dabei hätte die EU eine erste Frist zur Umsetzung für den 15. September vorgesehen.

"Wir müssen es darauf ankommen lassen, dass die EU Österreich wegen Vertragsverletzung verwarnt", heißt aus dem Büro von Verkehrsminister Werner Faymann [SPÖ].

Technologie als Herausforderung

Es gebe niemals eine "absolute Sicherheit", sagte Schaar. Die Frage sei vielmehr, welche Technologien angemessen seien. Staat und Wirtschaft hätten in den vergangenen Jahren enorm aufgerüstet. Die Herausforderung sei, wie technologische Systeme gestaltet werden könnten, damit nicht alle Daten automatisch registriert werden.

Das leidige Thema Online-Durchsuchung

Zu den geplanten Online-Durchsuchungen privater Computer von Terrorverdächtigen durch das Bundeskriminalamt sagte Schaar, diese seien für den Persönlichkeitsschutz besonders gravierend. Die auf einem Computer gespeicherten Daten könnten in ihrer Vielzahl und besonderen Sensibilität einen tiefen Einblick in die Persönlichkeit der Betroffenen geben.

Kritisch zu sehen sei auch, dass möglicherweise sensibelste Daten wie medizinische Informationen und Tagebücher zur Kenntnis der Sicherheitsbehörden gelangen würden. Das widerspreche dem Schutz des absoluten Kernbereichs der Privatsphäre, den das Bundesverfassungsgericht als unverrückbare Grenze staatlicher Ermittlungsmaßnahmen festgelegt habe.

Schäuble: "Fluch und Segen"

Der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble [CDU], der an der Buchvorstellung teilnahm und als Verfechter der Online-Durchsuchung gilt, sagte, der Staat habe die Verpflichtung, Sicherheit für die Bürger zu leisten. Die neuen Technologien seien "ein Fluch und Segen" zugleich.

(AFP)