Der Open-Source-Magier

04.11.2007

Google kann Telepathie - jedenfalls, wenn wir dem US-amerikanischen Zauberkünstler Seth Raphael glauben dürfen. Raphael lässt die Suchmaschinen in seinen Shows Tricks lösen und erforscht damit ganz nebenbei neue Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Mensch und Maschine.

Raphael, der sich selbst Online-Magier nennt, bestreitet seine Shows mit einem Computer auf der Bühne. Für einen seiner Tricks bittet er einen Zuschauer, sich eine Zahl zwischen eins und zehn auszusuchen und diese dann dem Publikum mitzuteilen. Danach darf der Freiwillige Google fragen, um welche Zahl es sich handelt - und siehe da: Die allwissende Suchmachine kennt auch in diesem Fall die Antwort.

Für den Trick nutzt Raphael eigenen Angaben zufolge einen handelsüblichen Computer. Funksignale, versteckte Mikrofone und Spracherkennungssoftware kommen nicht zum Einsatz. "Magier kommunizieren seit Jahrhunderten heimlich mit ihren Assistenten", erklärt er dazu. "Ich suche nach Möglichkeiten, das Gleiche mit einem ganz normalen Computer zu tun."

Offener Quellcode und verratene Tricks

Diese Google-Spielereien sind nicht Raphaels einziger Versuch, sich von neuen Technologien inspirieren zu lassen. Eine Weile experimentierte er auch mit Open-Source-Magie.

Wissbegierigere Zuschauer konnten sich nach seinen Shows erklären lassen, wie die eingesetzten Tricks funktionierten. "Ich glaube, dass es innerhalb der Welt der Magie Platz für eine partizipatorische Kultur gibt", meint er dazu.

Die Idee einer offenen Magie steht im deutlichen Widerspruch zu dem Eid, mit dem sich professionelle Magier zur Verschwiegenheit verpflichten.

Magie am MIT

Raphael beschäftigt sich nicht nur als Zauberkünstler mit der Kombination von Technologie und Magie. Auch aus wissenschaftlicher Perspektive widmete er sich bereits diesem Thema.

Raphael studierte am renommierten Massachusetts Institute of Technology. In seiner Abschlussarbeit beschäftigte er sich mit jenen Strategien, die Magier einsetzen, um ihrem Publikum das Gefühl zu vermitteln, auf der Bühne Wunder zu vollbringen.

Raphael glaubt, dass die Welt der Technik von derartigen Erkenntnissen profitieren kann. So seien auch seine Google-Tricks letztlich nichts anderes als ein Feldversuch für neue Wege in der Interaktion mit Computern.

"Dabei geht es in Richtungen, über die gewöhnliche Wissenschaftler nicht nachdenken, da ihnen dieser Background fehlt", sagt Raphael, "diese Geschichte von Jahrhunderten heimlicher Kommunikation."

Heute, 22.30 Uhr im Ö1-Magazin "matrix"

Janko Röttgers hat sich in den USA mit einem Magier, einem Designer und einem Experten für Animationsfilmkunst über die Schnittstellen zwischen Magie und Technik unterhalten.

(matrix | Janko Röttgers)