SIS-Datenbank im Regierungsbunker
Die Fahndungsdaten des Schengen-Informationssystems [SIS] II, das im Dezember 2008 in Betrieb gehen wird, werden im Regierungsbunker in St. Johann im Pongau gespeichert.
Die Vorarbeiten dazu laufen bereits, wie der Leiter der österreichischen Fahndungszentrale, Wilhelm Riegler, gegenüber Journalisten schilderte. Jene Länder, die am 21. Dezember in den Schengen-Raum aufgenommen werden, nehmen bereits seit 1. September 2007 am Fahndungssystem teil.
Im St. Johanner Bunker soll der Backup-Rechner installiert werden, der über die gleichen Daten verfügt wie der Hauptrechner in Straßburg und dessen Aufgaben bei einem möglichen Ausfall übernehmen soll. Das neue System hätte schon früher in Betrieb gehen sollen, verzögerte sich aber wegen technischer Probleme.
SIS II wurde notwendig, weil die erste Version für maximal 18 Teilnehmerstaaten ausgerichtet ist. Bis zur Inbetriebnahme von SIS II wurde daher eine Übergangslösung geschaffen, die SISone4 heißt.
Fahndung in 24 Staaten
Derzeit beteiligen sich am SIS 24 Staaten mit rund 400 Millionen Einwohnern. Insgesamt sind über 21 Millionen Fahndungen gespeichert [rund eine Mio. Personenfahndungen und 20 Millionen Sachenfahndungen]. Österreich hat 285.000 Fahndungen in das SIS eingestellt.
Die neuen Staaten haben bereits 750.000 Fahndungen [davon ca. 2.200 Europäische Haftbefehle] gespeichert. Voraussichtlich im November 2008 werden sich die Schweiz und Liechtenstein am System beteiligen, ab Dezember 2008 dann auch Großbritannien und Irland.
Seit der Teilnahme der neuen Schengen-Staaten wurden aufgrund österreichischer SIS-Fahndungen mehr als 350 Treffer in den neuen Schengen-Staaten erzielt. Darunter fallen unter anderem 26 Verdächtige, die wegen eines österreichischen Europäischen Haftbefehls festgenommen wurden, die Auffindung vier Abgängiger, die Ermittlung des Aufenthaltes von Personen für die Justizbehörden in 170 Fällen sowie die Wiederauffindung von gestohlenen Autos oder Dokumenten in 42 Fällen.
Fahndung auf Knopfdruck
Das Fahndungsvolumen im SIS wird sich nach dem Vollausbau durch die neuen Schengen-Staaten auf über 26 Millionen und nach Inbetriebnahme von SIS II Ende 2008 auf über 44 Millionen Datensätze erhöhen. Die SIS-Fahndungsdaten werden dann etwa 1,5 Millionen Polizisten auf Knopfdruck online zur Verfügung stehen.
Fotos, Fingerabdrücke, DNA-Profile
Außerdem werden im SIS II auch weitere Applikationen ermöglicht. Bei Personenfahndungen werden zusätzliche Identifikationsdaten wie Fotos, Fingerabdrücke und DNA-Profile in das SIS eingespeichert. Zudem soll künftig auch nach Wertgegenständen, Baumaschinen, Containern, Schiffen und Flugzeugen gefahndet werden können.
Verknüpfung von Personen und Sachen
Darüber hinaus sollen Personen- und Sachenfahndungen automatisch verknüpft werden, um beispielsweise einen Bezug zwischen einem flüchtigen Straftäter und einem von ihm verwendeten Fahrzeug herstellen zu können.
Der Bunker entstand in den Jahren 1977 bis 1982 im Heukareck nahe St. Johann als "Einsatzzentrale Basisraum". In rund 300 Meter Tiefe befinden sich die Zentrale der militärischen Luftraumüberwachung und ein Rechenzentrum des Bundesregierung. Rund 250 Menschen sind hier beschäftigt.
Der Bunker ist gegen Angriffe mit Kernwaffen, mit biologischen und mit chemischen Kampfstoffen geschützt. Im Krisenfall sollte hier die österreichische Regierung ihre Geschäfte weiterführen können. Rund 500 Personen könnten im Ernstfall in der "EZ/B" untergebracht sein. Wasser und Sauerstoff werden von außen geholt, aufbereitet und gesäubert.
(APA)