Österreich hinten im Match um Glas

07.02.2008

Prag, Budapest und Ljubljana liegen in der Glasfaserdurchdringung deutlich vor Wien, sagt der Präsident der Vereinigung europäischer Glasfaseranbieter. Auf der Fachmesse ITnT war der Paradigmenwechsel von Kupferkabel zu Glasfaser schwer zu übersehen.

"100 MBit/s Bandbreite in beide Richtungen ist nur die Einstiegsdroge, denn wir stehen vor einer Revolution der Telekomwelt. Die 100 MBit/s werden ziemlich schnell gefressen werden, sobald sie zur Verfügung stehen", sagte Karl Bauer, Direktor der Gmünder Leoni Fiber Optics, am Mittwochabend zu ORF.at.

Auch Triple Play sei Schnee von gestern, denn die nähere Zukunft gehöre eindeutig "Multiplay", so der Chef des Waldviertler Unternehmens, das mittlerweile einem der bedeutenden Player des deutschen Glasfasermarkts angehört.

Aufstieg nicht in Sicht

Beim Umstieg auf "Fiber to the Home", also auf Glasfaser bis ins Haus, führten quer durch die EU sowohl "Länder, die ganz vorne, und solche, die ganz hinten sind".

Gemeint sind damit die traditionellen Breitband-Champions wie Holland, Schweden und Norwegen und andererseits jene Staaten aus dem Osten der EU, die eine Breitbandphase auf Kupferbasis überspringen und einfach früher auf Glasfaser umsteigen.

Dummerweise ist Österreich weder bei der einen noch bei der anderen Gruppe mit dabei. Von Spitzenplätzen um die Jahrtausendwende im Bereich Breitband ist man EU-weit mittlerweile auf Rang elf zurückgefallen, ein neuer Aufstieg ist nicht in Sicht.

Budapest, Prag, Ljubljana

Joeri M. van Bogaert, Präsident des FTTH Council Europe, der EU-Repräsentanz des weltweiten Branchenverbands, warnte davor, dass Österreich gerade dabei sei, seine Rolle als "Gateway" nach Osteuropa zu verspielen.

Sowohl in Budapest als auch in Prag und Ljubljana sei man beim Ausbau eines "Metropolitan Fiber Network" wesentlich weiter als in Wien.

"In Österreich fehlt die konkrete Strategie zur Umsetzung von echtem Breitband", ergänzte Bauer, der Mitglied der offiziellen österreichischen IKT-Taskforce ist. Wenn nämlich weiterhin "384 KBit/s Downstream als Breitband gelten", sei hier so lange nicht viel an Fortschritt zu erwarten, wie es der Telekom Austria möglich sei, ihr Kupfernetz bis zum Letzten auszureizen.

Der Paradigmenwechsel

Das Problem sei hierzulande nicht anders als in Deutschland. Börsennotierte Telekoms seien nun einmal kurzfristigen Bilanzierungszwängen ausgesetzt, die langfristige Investitionen etwa in neue Glasfasernetze erschwerten.

"FTTH ist nicht nur eine neue Technologie, sondern eine neue Infrastruktur und die bringt andere Geschäftsmodelle", sagte Van Bogaert, denn ein Glasfasernetz für alle Kommunikationen bedeute einen Paradigmenwechsel. Früher wurden von den Telekoms die Netzwerke den Diensten nachgebaut, die sie anbieten wollten, nun sei es umgekehrt.

Analoge Stecker

Zum Blizznet-Angebot in Wien sagte Bauer: "Wenn man ein Open-Access-Netzwerk will, dann muss man das auch durchziehen." Wenn nur ein Bruchteil eines Straßenverkehrsnetzes aufgebaut sei, dürfe man sich auch "nicht wundern, dass kaum jemand darauf fährt".

Beide Herren wurden auf der Fachmesse ITnT angetroffen. Die Präsenz der Glasfaser war dort für all jene auffällig, die Augen für analoge Steckverbindungen haben.

Günstiger als Kupfer

Von großen Storage-Units der großen Hersteller wie HP bis hin zu biederen Anbietern von Netzwerkschränken bot sich rundum ein und dasselbe Bild: Glasfaser und herkömmliche Ethernet-Kabel in einem Stück Blech [alias "Hardware"] traut vereint.

"Vom reinen Materialaufwand ist es längst günstiger als Kupferkabel", sagte Peter Grotz von Laser 2000, einem der heuer auffällig vertretenen Anbieter von Spleiß-, Mess- und Verbindungsgeräten für Glasfasertechnik auf der ITnT.

Analoges "Einblasen"

Dazu gab es sehr analoge Pressluftkompressoren zum "Einblasen" von Glasfaserkabeln in winzige Röhren, "Micro Ducts", zu sehen, die dazu dienen, mehrere Glasfaserstränge in seit Jahren existierende Leerverrohrungen einzuführen.

Ob die angesichts der parallel zu den explodierenden Kupferpreisen in Europa grassierenden Diebstähle von Kupferkabeln eine ebensolche Modernisierung der Netze unterstützen könnten, war in den anschließenden Diskussionen auf der ITnT ebenfalls ein Thema.

(futurezone | Erich Moechel)