Umbruchstimmung in der Telekombranche

22.07.2008

Der Rücktritt von Festnetz-Chef Rudolf Fischer könnte als Anlass für eine mögliche Neuordnung in der Telekom Austria [TA] zu sehen sein. In der Branche hofft man vor allem auf frischen Wind, oberste Priorität habe dabei ganz klar das Vorantreiben des Netzausbaus in Österreich.

Seit Monaten wird über einen Verkauf von Teilen der Festnetzsparte oder zumindest einer Trennung der Bereiche Mobilfunk und Festnetz spekuliert. Die alternativen Telekombetreiber sehen zudem die weitere Aufspaltung des Festnetzes in Providergeschäft und Netzinfrastruktur als zwingend notwendig.

"Uns ist vor allem wichtig, dass durch etwaige Personaldiskussionen nicht das eigentlich wichtigste Thema, nämlich das Internet in Österreich ins Hintertreffen gerät. Der Rückstand der letzten Jahre muss wieder aufgeholt werden. Jeder Nachfolger wird ein willkommener Gesprächspartner der ISPA sein," so ISPA-Präsident Roland Türke gegenüber ORF.at.

Massiver Personalabbau

TA-Festnetzchef Rudolf Fischer wird den Konzern mit 31. August 2008 verlassen. Fischer, dessen Vertrag noch bis April 2011 läuft, beende seine Telekomkarriere. Die TA bestätigte die Meldung noch am Montag. Fischer werde per 31. August "aus persönlichen Gründen" zurücktreten.

Die "Presse" berichtete zuvor, die Telekom Austria wolle noch heuer 1.000 ihrer insgesamt 9.000 Stellen abbauen. 2009 sollen weitere 500 bis 700 Mitarbeiter gehen. Die Verhandlungen sollen bis spätestens Mitte August abgeschlossen sein.

Trennung von Infrastruktur und Diensten

Die alternativen Telekombetreiber Silver Server und Tele2 betonen unterdessen abermals die Notwendigkeit der Trennung von Infrastruktur und Providertätigkeit [analog des Beispiels Großbritanniens], um gleiche Bedingungen für alle Marktteilnehmer zu schaffen.

Der Wiener Netzbetreiber Silver Server hatte zuletzt die Gründung einer neutralen staatlichen Netzgesellschaft angeregt, in der die derzeit vom Personalabbau bzw. einer -umschichtung bedrohten TA-Beamten weiterarbeiten könnten.

"Wir verbinden einen Wechsel an der TA-Spitze natürlich mit der Hoffnung auf einen neuen Blick auf bestehende Probleme, die von der TA längst auf den gesamten Wirtschaftsstandort ausstrahlen", erklärt Silver Server gegenüber ORF.at.

TA-Sprecher Martin Bredl bezeichnete den Vorschlag von Silver Server einer neutralen staatlichen Netzgesellschaft als "gutmeinend", er ginge jedoch am eigentlichen Problem vorbei. "Unsere Personalkosten sind zu hoch", sagt Bredl.

Bis 2012: Sechsfaches Datenvolumen

"Nach aktuellen Schätzungen wird es in den nächsten vier Jahren zu einer Versechsfachung des Datenvolumens in Österreich kommen. Die Investitionen in die Zukunft des Festnetzes müssen massiv vorangetrieben werden und dazu bedarf es einer Trennung in Festnetzinfrastruktur und Diensteanbieter," erklärt Tele2-Sprecher Jörg Wollmann gegenüber ORF.at.

"Es darf nicht sein, dass hier nach zehn Jahren versuchter Monopolzerschlagung ein neues Monopol, das des Next Generation Networks, geschaffen wird."

Gleichberechtigung für alle Marktteilnehmer

Eine spezialisierte Infrastrukturgesellschaft könne sich effizienter und langfristiger orientiert um Betrieb und Instandhaltung der ehemals staatlichen Telekomnetze kümmern und alle Marktteilnehmer gleichberechtigt als Kunden betreuen, so auch Tele2-Chef Robert Hackl. Investitionen in die Next Generation Networks [NGNs], die Glasfaser näher zu den Kunden bringen sollen, könnten von der Infrastrukturgesellschaft – ohne Berührungsängste – gemeinsam mit privaten Partnern und Investoren einfacher als unter dem Dach der Telekom Austria umgesetzt werden.

Schwierige Marktsituation für TA

Die Telekom Austria steht derzeit massiv unter Druck. Allein in diesem Jahr musste an der Börse ein Kursverlust von einem Drittel hingenommen werden.

Das Festnetz verliert massiv Kunden - pro Monat im Schnitt 20.000. Im Mobilfunk, seit Jahren die Cashcow des Konzerns, fressen Marktsättigung und Preiskampf die Gewinnmargen. Gleichzeitig kostet der Markteintritt in Ländern wie Weißrussland, Mazedonien und Montenegro viel Geld.

Parallel dazu stehen mit dem Ausbau der Glasfaser-Infrastruktur Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe an.

(futurezone | Beate Macura)