Körperkraft zur Stromversorgung
Fred Feuerstein hat es vorgemacht, die Öko-Generation macht es nach: Discobesucher erzeugen durch ihr Getanze Strom für die Tanzflächen-Beleuchtung, Fitnesscenter lassen ihre Kunden für die Energieversorgung der Musikbeschallung schwitzen.
Auf der Suche nach umweltfreundlichen Methoden der Energiegewinnung besinnen sich nun findige Marketingleute auf den Antrieb durch menschliche Körperkraft, wie "CNN" berichtet.
In Projekten, die freilich vor allem als ökologisches Statement zu sehen sind, kann man sein grünes Gewissen zeigen.
Club4Climate
In den Niederlanden etwa öffnet diesen September der "Club Watt" seine Pforten. Die Tanzfläche der Öko-Disco besteht aus vielen kleinen Platten, die bei jedem Schritt nachgeben und die dabei freigesetzte Energie in Strom umwandeln. Dieser wird zur Beleuchtung der Tanzfläche sowie zum Betrieb des DJ Pults genutzt.
Kleine Lichter in den Platten zeigen den Tanzwütigen dabei an, wieviel sie zur Stromversorgung beitragen - je ausgelassener getanzt wird, umso heller leuchtet die Platte.
Auch in dem in diesem Sommer eröffneten "Club Surya" in London sollen Umweltbewusste ohne schlechtes Gewissen abfeiern können. Hier ist der Tanzboden ebenfalls verkabelt und die Bewegungen der Gäste werden in Energie umgewandelt [piezoelektrischer Effekt], zusätzlich werden Solarkollektoren und Windenergie zur clubeigenen Stromversorgung verwendet.
Handy beim Tanzen aufladen
Der Mobilfunkanbieter Orange hat in Großbritannien den Prototypen eines kinetischen Handyladegeräts vorgestellt.
Das Ladegerät in Form einer Armbinde wird am Oberarm befestigt. Wenn der Benutzer beim Tanzen seine Arme bewegt, erzeugt ein speziell entwickeltes System aus Gewichten und Magneten eine elektrische Strömung, die wiederum den eingebauten Akku lädt.
Workout-to-Watch
Auch Fitnesscenter bieten sich natürlich für die schweißtreibende Energiegewinnung an.
Im "California Fitness" in Hong Kong wird die Bewegungsenergie der trainierenden Kunden zur Stromversorgung der TV-Geräte und Teilen der Beleuchtung genutzt. Da das Konzept gut ankommt, will die Kette auch weitere Studios mit den speziellen Maschinen ausrüsten und den Stromverbrauch durch die Versorgung der Musikanlagen und DVD-Player senken.
Ein futuristisches Design-Konzept sieht die Ausstattung von New Yorks Wasserwegen mit schwimmenden, mit Körperkraft betriebenen, Fitnesstempeln vor. Die "River Gyms" sollen gleichzeitig als Fähren dienen und Personen von einem Ufer zum anderen transportieren.
Radln fürs Konsolenspielen
Doch kann sich die Öko-Modeerscheinung als Trend etablieren? Die Betreiber des Club Watt sind freilich von ihrem Konzept überzeugt und berichten von reger Nachfrage nach ihrem Spezial-Boden. Vor allem im Bereich viel frequentierter Orte wie Stationen öffentlicher Verkehrsmittel und Bahnhöfe seien die Ausrüstungsmöglichkeiten vielfältig.
Auch das Energieumwandlungsunternehmen Exendis sieht von fahrradbetriebenen Computern bis zu selbstversorgenden Soldaten eine Marktentwicklung in den nächsten Jahren.
Die fehlende körperliche Aktivität von Konsolenspielenden oder dauerfernsehenden Jugendlichen könnte durch ein solch simples Radl-Konzept ebenfalls nachgeholt werden. Je sportlicher der Nachwuchs, desto länger läuft die Konsole.
Hamster läuft den Akku voll
Ob der schlaue Nachwuchs dann nicht doch Hund oder Hamster einspannt, um seinen Spiel- und TV-Bedarf zu befriedigen, bleibt abzuwarten.
Spart kein Geld
Wirtschaftlich macht der Körperkraft-Antrieb jedoch keinen Sinn.
Ein Mensch kann im Rahmen normaler Aktivität im Durchschnitt eine Kilowattstunde Strom pro Tag erzeugen, was einer Ersparnis von etwa zehn Cent entspricht, rechnen Experten vor. "Es ist ein gutes Marketinginstrument, aber keine finanzielle Entscheidung."
Indien: Kühe erzeugen Strom
Was im Westen als Modetrend zu sehen ist, hat in Entwicklungsländern ganz andere Hintergründe.
In einem indischen Dorf wird der Strom für den "100-Dollar-Laptop" etwa durch Kühe erzeugt, die im Rindergalopp eine Lichtmaschine antreiben.