E-Mails: Wann der Chef mitlesen darf

14.08.2008

Der Bund will künftig mehr Zugriffsrechte auf den E-Mail-Verkehr der öffentlich Bediensteten, auch Privatunternehmen kontrollieren immer öfter das Arbeitsverhalten der Mitarbeiter. Das wirft Grundsatzfragen auf: Ist privates Surfen/Mailen während der Arbeitszeit erlaubt? In welchem Ausmaß? Und vor allem: Wann darf der Chef das kontrollieren?

ORF.at hat bei der Arbeiterkammer und der Gewerkschaft der Privatangestellten [GPA] nachgefragt.

Dabei zeigt sich, dass sich einige Vorgaben im Gesetz finden, die Formulierungen aber durchaus Handlungsspielraum offen lassen. Denn wieviel privates Surfen im Rahmen einer "maßvollen Nutzung" liegt oder wie viel privates E-Mailen das "übliche Ausmaß" nicht übersteigt, können selbst die Experten nicht beziffern. Hier kommt es immer auf die bisherige Praxis im Unternehmen ["betriebliche Übung"] bzw. individuelle Vereinbarungen an.

Rechtsexperten raten grundsätzlich dazu, Betriebsvereinbarungen mit genauen Richtlinien abzuschließen, damit für beide Parteien klar ist, was noch im Rahmen ist und was nicht. Auch Konsequenzen eines eventuellen Missbrauchs, sowie die besondere Datenschutz-Verantwortung des System-Administrators sollten darin festgelegt sein.

"Dieses Thema ist noch lange nicht ausjudiziert, derzeit sind wir erst in der Phase der Bewusstseinsbildung", erklärt Irene Holzbauer, Arbeitsrechtexpertin der Arbeiterkammer Wien, im Gespräch mit ORF.at.

Private Nutzung: Ja, aber ...

Derzeit gilt: Wenn nicht ausdrücklich verboten, darf das Büropostfach auch für Privatpost genutzt werden, sofern die Arbeit dadurch nicht vernachlässigt wird. Gleiches gilt für die Abfrage privater Internet-basierter Mailaccounts [GMX, Gmail & Co] sowie privates Surfen am Arbeitsplatz.

Die private Nutzung kann zwar durch ein Verbot vom Chef unterbunden werden - komplett verbieten kann er es trotzdem nicht. "Eine gewisse Kommunikation wie etwa das Online-Erledigen von Behördenwegen, die Vereinbarung eines Arzttermins oder das Organisieren der Kinderbetreuung muss immer gestattet sein", erklärt Thomas Kreiml von der GPA.

Keine Urlaubsfotos am Firmen-PC

Das Speichern privater Dateien wie etwa Urlaubsfotos oder Fun-Mailanhänge ist immer mit Vorsicht zu sehen. "Ich würde es nicht empfehlen, da es auf jeden Fall als Belastung für das System gesehen werden kann. Natürlich kommt es auch hier auf die betriebliche Übung an, aber auch wenn es nicht explizit verboten ist, rate ich davon ab", so die AK-Juristin.

Doch was bedeutet das nun konkret? Sind zehn Minuten Privatnutzung täglich erlaubt? Sprengt eine Stunde pro Tag den Rahmen? Liegt das übliche Ausmaß irgendwo dazwischen oder gar darüber?

Eine genaue Zeitangabe, wie lange man pro Tag/Woche/Monat privat surfen darf, können auch die Experten nicht nennen. Wenn keine anderen Regelungen bestehen, spricht das Gesetz von einem "maßvollen bzw. geringfügigen, die Arbeit nicht schädigenden Ausmaß" - was im Einzelfall stark variieren kann.

Eine US-Studie kam nun zu dem Schluss, dass ein allzu hartes Vorgehen gegen die private Nutzung von Firmenrechnern gar nicht im Interessen der Unternehmen ist. Denn wenn die persönlichen Dinge geklärt seien, könnten sich die Menschen wieder besser auf ihre Arbeit konzentrieren.

Unternehmenspolicy erfragen

Wer nicht weiß, ob es in seinem Unternehmen eine eigene Policy betreff der privaten Netznutzung gibt, kann das beim Betriebsrat, der für die Arbeitnehmer Betriebsvereinbarungen abschließt, oder im Personalbüro erfragen. Entsprechende Hinweise können sich auch im Arbeitsvertrag finden. Gibt es keinen Betriebsrat, muss der Arbeitgeber mit jedem einzelnen Mitarbeiter eine derartige Vereinbarung treffen.

Vorsicht bei Individualvereinbarungen

Hier gilt es wachsam zu sein: Oft sind diese "IT-Richtlinien" im allgemeinen Verhaltenskodex versteckt, teilweise kombiniert mit möglichen Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen. "Wir raten Arbeitnehmern im Zusammenhang mit solchen Verhaltenskodizes dazu, keinerlei Unterschriften zu leisten. Denn oft stellen diese Regelungen die Mitarbeiter schlechter als die Rechtslage. Durch seine Unterschrift akzeptiert der Arbeitnehmer aber diese benachteiligenden Regeln", warnt Kreiml von der GPA.

Wenn nötig, könnten Arbeitnehmer schlicht nur die Übernahme des Verhaltenskodex mit ihrer Unterschrift bestätigen [z. B. "Entgegengenommen am …"]. Um seinen Einzelvertag prüfen zu lassen, könne man sich an die Gewerkschaft wenden.

Mitarbeiterüberwachung nicht erlaubt

Grundsätzlich darf der Chef die Postfächer und das Surfverhalten der Mitarbeiter nicht mittels technischer Systeme automatisch kontrollieren. Es sei denn der Betriebsrat oder man selbst hat dem zugestimmt.

Für E-Mails gilt das Briefgeheimnis

E-Mails sind elektronische Post, demnach wie traditionelle Poststücke zu behandeln und unterliegen in einem vergleichbaren Umfang dem Briefgeheimnis.

Admins an Datenschutzregeln gebunden

Das müssen auch die Systemadministratoren einhalten, sonst könnte dies für sie rechtliche Schwierigkeiten bedeuten. Denn alle Maßnahmen des Zugriffs auf die Postfächer von Mitarbeitern durch Systemadministratoren unterliegen denselben Bestimmungen, die auch für das Lesen von E-Mails durch Vorgesetzte gelten.

Etwaige Hinweise auf den übermäßigen Privatgebrauch kann der Vorgesetzte daher nur aus seiner eigenen Beobachtung bzw. Hinweisen von Kollegen erhalten.

Im Falle eines Verdachts auf den übermäßigen Privatgebrauch gibt es keine klaren Vorgaben, was erlaubt ist. Laut AK geht man jedoch grundsätzlich davon aus, dass der Chef wenn, dann nur mit Zustimmung des Betriebsrates temporär im Falle von E-Mails die Empfänger der elektronischen Post, nicht aber den Inhalt einsehen darf.

Vorgehen im Missbrauchsfall

Liegt ein Missbrauch vor, muss der Chef den Mitarbeiter zuerst abmahnen, bei neuerlichem Verstoß kann das Dienstverhältnis sofort beendet werden.

(futurezone | Beate Macura)