29.10.1999

STREITFALL

Internet-Gerichtsort Heimatland

Die europäischen Verbraucherverbände haben die Europäische Union eindringlich aufgefordert, Konsumenten bei Problemen mit grenzüberschreitenden Online-Geschäften eine Klage im Heimatland zu ermöglichen. Die Präsidentin des Europäischen Verbraucherdachverbandes [BEUC], Anne-Lore Köhne, erklärte am Freitag in Bonn, die EU-Kommission dürfe in dieser Frage dem Druck der Wirtschaftsverbände nicht nachgeben, die den Klageort nach dem sogenannten Ursprungslandprinzip - also dem Sitz des Unternehmens oder Geschäftspartners - festlegen wollen. Das Ursprungslandprizip laufe "faktisch auf eine Rechtsschutzverweigerung für Konsumenten heraus", betonte Köhne im Vorfeld einer Anhörung zu dem Thema Anfang November bei der EU-Kommission in Brüssel.

Klagen oft wirtschaftlich sinnlos

Nach den Erfahrungen der Verbraucherschützer seien Klagen im europäischen Ausland bis zu relativ hohen Streitwerten von 4000 bis 5000 Mark wirtschaftlich sinnlos, erklärte Köhne, die zugleich Geschäftsführerin der deutschen Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV) ist. Werde den Konsumenten etwa bei grenzüberschreitenden Käufen über das Internet der Gang vor die Heimatgerichte verweigert, hätten sie es im Streitfall mit einer anderen Sprache, mit einem oft weit entfernten Gerichtsort und mit fremdem Recht zu tun.

Die EU-Kommission hatte im November 1998 in einem Richtlinienentwurf zum elektronischen Geschäftsverkehr zunächst das Ursprungslandprinzip aufgenommen. Nach Protesten von Verbraucherschützern, die sich für das sogenannten Empfängerlandprinzip - also dem Zielort der Ware - einsetzen, ist die Frage nun aber wieder offen.