Türkei will "Pessimismus" verbieten
In der Türkei soll in dieser Woche der Oberste Gerichtshof ein neues Mediengesetz prüfen, das Kritikern zufolge die Meinungsfreiheit im Internet massiv einschränken könnte.
Mit dem Gesetz soll Medien unter anderem verboten werden, "Pessimismus" zu verbreiten. Betreiber von Websites sollen demnach ihre Seiten im Papierausdruck an die Regierung schicken, um eine amtliche Genehmigung zu erhalten.
Staatspräsident Necdet Sezer hatte das Gesetz Ende Mai an die Richter verwiesen, nachdem das türkische Parlament es im zweiten Anlauf ohne Änderungen verabschiedet hatte. Beim ersten Mal im vergangenen Jahr hatte der Präsident die Verabschiedung mit seinem Veto verhindert.

Nicht EU-konform
Der ehemalige Verfassungsrichter Sezer fürchtet offenbar, dass die Chancen für einen EU-Beitritt der Türkei mit dem Gesetz sinken könnten.
Die EU-Kommission hat der Regierung in Ankara bereits offiziell mitgeteilt, dass sie das Gesetz für nicht kompatibel mit ihren Beitrittskriterien hält.
Bei Verstößen gegen das neue Gesetz würden auch Internet-Publikationen Geldbußen von umgerechnet 10.000 Euro drohen - angesichts der andauernden Wirtschaftskrise genug, um kleinere Anbieter in der Bankrott zu treiben.
Besonders interessant in diesem Zusammenhang ist, dass immer mehr ehemalige Zeitungsjournalisten das Internet als Forum für eigene Publikationen entdeckt haben. Denn 2000 und 2001 kostete die größte Entlassungswelle der türkischen Mediengeschichte nach Angaben des Medienwissenschaftlers Hakan Kara mehr als 3.000 Journalisten den Job.