Xbox und Vista: Microsoft will nur spielen
Microsofts nächste Windows-Version soll nicht nur mehr Features und Sicherheit bieten, sondern sich auch als Spieleplattform einen Namen machen und zusammen mit der Spielekonsole Xbox 360 und Live Anywhere die Games-Welt erobern.
Auf der Spielemesse E3 skizzierte der US-Software-Hersteller Microsoft im Mai erstmals seine Vision eines plattformübergreifenden Spieleerlebnisses: Mit der Ausweitung des Online-Service Xbox Live hin zu Live Anywhere sollen Spiele nicht mehr nur auf die hauseigene Spielekonsole begrenzt bleiben.
Live Anywhere für grenzenloses Spielen
Live Anwhere soll die Mitnahme des so genannten Gamer-Tags [das Profil des jeweiligen Spielers mit Angaben u. a. zu seinen Spielerfolgen] auf jede mögliche [Microsoft-]Plattform ermöglichen -egal ob Xbox, Computer oder Handy. Auch die Spiele sollen für jede dieser Plattformen bereitstehen.
Wie bei Xbox Live sollen Gamer ab 2007 unter Windows Vista bzw. auf dem Handy gegeneinander spielen, miteinander kommunizieren und auf neue Inhalte zugreifen können.
Neues Logo für Windows-Spiele
Auf der X06 in Barcelona präzisierten Microsoft-Vertreter nun diese Vision: Spiele für Windows [Vista] werden in Zukunft von Microsoft mit einem eigenen Zertifikat ausgerüstet, das garantieren soll, dass diese Spiele auch korrekt laufen, erklärte Rich Wickham, Chef der Microsoft-Abteilung Games for Windows.
Um das Zertifikat "Games for Windows" zu erhalten, müssen die Spiele bestimmte Anforderungen erfüllen, die Microsoft den Spieleherstellern vorschreibt. "Lego Star Wars II" von Lucas Arts etwa trägt ein solches Logo schon auf der Schachtel.
Windows Vista als Spieleplattform
Vista sei eine Spieleplattform, meinte Wickham, und bringe die besten Voraussetzungen mit, um als solche auch Erfolg zu haben: Die passende Technologie [so wird DirectX 10 mit Shader Model 4.0 in Vista enthalten sein], kontinuierlich gute Spiele, ein "erstklassiges" Online-Service und die Unterstützung von "sinnvollem Zubehör" [Xbox-Peripheriegeräte sind dann auch unter Vista nutzbar].
Das erste Spiel, das von Vista und Live Anywhere Gebrauch machen soll, ist Shadowrun, das Anfang 2007 auf den Markt kommen soll. Auch Halo 2 Vista soll zu Live Anywhere kompatibel sein.
Community-Features für Live-Service
Gegenüber zusätzlichen Community-Features bei Xbox Live bzw. Live Anywhere zeigte sich Microsoft aufgeschlossen, wenn auch unter Vorbehalt: Videos a la Youtube seien schwierig, meinte etwa Peter Moore, Microsofts Chef für die Xbox und Games for Windows - wegen möglicher Probleme mit Urheberrechten.
Ein Ausbau in Richtung der Community-Website MySpace müsse ebenfalls sorgfältig durchdacht werden, da auch hier das Copyright und die Privatsphäre der Nutzer geschützt werden müssten.
Profile wie in MySpace seien aber mit den Gamer-Tags auf Xbox Live schon vorhanden. Diese sollten auch ausgebaut werden, aber Microsoft wisse noch nicht, in welche Richtung, so Moore weiter.
Vor kurzem präsentierte das von Microsoft mitfinanzierte Unternehmen Wallop die Beta-Phase seines sozialen Netzwerkes, das bereits bestens eingeführten Online-Communities wie MySpace, Friendster und Facebook Marktanteile streitig machen soll.
Selbst regulierende Community?
Andere Microsoft-Vertreter gaben sich in Sachen Community etwas lockerer: Shane Kim, Chef der Microsoft Games Studios, glaubt daran, dass sich die Community selber regulieren kann und soll.
Vorfälle wie etwa jüngst kolportierte nackte Hintern, die mit der neuen Kamera für die Xbox 360 vor kurzem auf Xbox Live zu sehen waren, könnten von anderen Nutzern ohnedies gemeldet und etwaige Störenfriede von der Community derart selbst an den Rand gedrängt werden.
Allerdings sei sich Microsoft seiner Verantwortung durchaus bewusst: Dem kommenden Kinderspiel Viva Pinata liege ein Video für die Eltern bei, das ihnen ihre Verantwortung für das Treiben ihrer Kinder on- wie offline klarmachen soll.
Mit Viva Pinata versucht Microsoft, seiner männer- und eher gewaltdominierten Xbox-Konsole etwas mehr Kinderfreundlichkeit zu verleihen. Ob das Konzept auch aufgeht, ist man sich selbst bei Microsoft nicht ganz sicher.
Peter Jacksons "interaktives Entertainment"
Auch in Sachen Spieleentwicklung betritt Microsoft Neuland: Mit Peter Jackson konnte ein Regisseur gewonnen werden, der sich mit Filmen wie "King Kong" und vor allem der Trilogie "Herr der Ringe" einen Namen als großer Geschichtenerzähler gemacht hat.
Wie genau diese Zusammenarbeit mit Microsoft allerdings aussehen könnte, wissen weder er noch Microsoft selbst: Auf der X06-Pressekonferenz sprach Jackson von seiner Vision des "interaktiven Entertainments", einer Kombination aus Film und Spiel - ob nun Filme interaktiv oder Spiele mehr wie Filme aufgebaut werden sollen, bleibt allerdings vorerst im Dunkeln.
Richtung noch unklar
Selbst Moore und Chris Lewis, bei Microsoft zuständig für den europäischen Spielemarkt, konnten hier nicht helfen. Für Moore ist der Deal ein Schritt in Richtung Erschließung neuer Zielgruppen, für Lewis setzt Jackson "den Ton für die nähere Zukunft".
Wie genau der klingen soll und welche Melodie sich aus all diesen Puzzleteilen ergibt, wird wohl auch nur die nähere Zukunft zeigen können.
Fest steht bisher nur, dass Jackson seine ersten Arbeiten auf die Basis der erfolgreichen Halo-Serie stellen will. Mit Halo hat Microsoft offenbar ohnedies noch viel vor, so soll mit "Halo Wars" das Franchise um die Schiene Echtzeitstrategie erweitert werden.
(futurezone | Nadja Igler)