Kinderporno: SPÖ und ÖVP für Internet-Sperren
Im EU-Unterausschuss des Nationalrats haben sich am Mittwoch die Justizsprecher Johannes Jarolim (SPÖ) und Heribert Donnerbauer (ÖVP) für den Einsatz von Internet-Sperren gegen Kinderporno-Websites entsprechend dem Richtlinienentwurf von EU-Justizkommissarin Cecilia Malmström ausgesprochen. Mit den Stimmen der beiden Regierungsparteien wurde eine entsprechende Ausschussfeststellung verabschiedet.
Laut Parlamentskorrespondenz solle nach dem Willen von ÖVP und SPÖ zwar das Löschen solcher Inhalte Vorrang vor dem Sperren haben, das sei jedoch "oft sehr schwierig" gegenüber Drittländern durchzusetzen. Daher müsse es DNS-Sperren "als zweitbeste Alternative" geben, heißt es. Die Ausschussfeststellung ist eine Stellungnahme des Nationalrats an die Europäische Union. Kommissarin Malmström wirbt derzeit für eine Richtlinie, die den Einsatz von Netzsperren gegen Kinderporno-Inhalte vorsieht.
"Wir haben uns für den Richtlinienentwurf ausgesprochen", so Donnerbauer am Mittwoch auf Anfrage von ORF.at. "Die Löschung dieser Inhalte muss Vorrang haben. Dort, wo die EU keine Einflussmöglichkeiten hat, muss aber auch die Sperrung möglich sein." Dass die Sperren leicht zu umgehen sind, ist für Donnerbauer kein Argument gegen sie: "Dann muss man zusätzliche technische Mittel finden." Die Gefahr, dass die Sperrlisten auch auf andere Bereiche ausgeweitet werden könnten, sieht Donnerbauer nicht: "Es gibt da keine Intention."
Sperrsystem "missbrauchsanfällig"
Auf Anfrage von ORF.at sprach sich Jarolim für Sperren nur als "Ultima Ratio" aus, also wenn alle anderen Mittel gescheitert seien. Diese Position sei mit der ÖVP akkordiert. Eingriffe in die Internet-Infrastruktur könnten auch demokratiepolitisch bedenklich sein, so der SPÖ-Justizsprecher, wenn es andere Mittel zur Bekämpfung der Kinderpornografie im Netz gebe, müssten diese zuerst voll ausgeschöpft werden, die Diskussion sei noch im Fluss.
"Wenn das Problem ohne Filter gelöst werden könnte, wäre mir das lieber", so Jarolim. Sperren könnten nötig sein, um Kinderpornografie in Ländern wie Indien, Russland und China ausfiltern zu können. Es seien auch "klare Grenzen zu ziehen, was gesperrt werden darf und was nicht". Ein Internet-Sperrsystem sei auch "missbrauchsanfällig", gesteht Jarolim zu, ein solches System sei mit größtmöglicher Transparenz und scharfen Prüfmechanismen auszustatten. Letztlich seien im Kampf gegen Kinderpornos "die schärfsten Waffen" anzuwenden.
Debatte in Deutschland
Untersuchungen der deutschen Bürgerrechtsorganisation AK Zensur im Rahmen eines vergleichbaren Vorstoßes der Großen Koalition 2009 in Deutschland haben gezeigt, dass Provider und Behörden in Drittstaaten im Allgemeinen sehr schnell auf Anfragen bezüglich Kinderpornos reagieren. Bei einem Test im Mai 2009 wurden innerhalb von zwölf Stunden auf Hinweis der Organisation 60 Kinderporno-Angebote gelöscht. Die deutsche Regierung hat sich auf Druck des CDU-Koalitionspartners FDP von der Einführung der Netzsperren vorläufig verabschiedet.
Sperren stark umstritten
DNS-Sperren, wie in Malmströms Richtlinienvorschlag gefordert, werden beispielsweise von der Türkei zur Blockade von YouTube und anderer Sites benutzt. Sie sind sehr leicht zu umgehen, aber mit ihnen wird eine Infrastruktur zur Sperrung von Internet-Inhalten installiert, die sich auf Bedarf verschiedener Interessensgruppen leicht und schnell auch auf andere Bereiche erweitern lässt. So wurden in der deutschen Diskussion auch Forderungen nach Sperren von Torrent-Trackern für unlizenzierten Tausch von Mediendateien oder Glücksspielangeboten laut.
Albert Steinhauser, Justizsprecher der Grünen, sprach sich im Ausschuss gegen die Einführung der Internet-Sperren aus. Diese würden die Inhalte nicht aus dem Netz entfernen, es sei damit lediglich ein Placeboeffekt zu erzielen, so Steinhauser am Mittwoch gegenüber ORF.at, es bestehe die Gefahr eines Einstiegs in ein Internet-Zensursystem.
Internationale Kooperation
Die EU müsse vielmehr Druck auf jene Länder ausüben, die die Inhalte nicht löschen wollen, Europa sei mächtig genug, das international durchsetzen zu können. Die Grünen legten daher einen Antrag auf Ausschussfeststellung vor, in dem rechtliche Rahmenbedingungen gefordert werden, die sicherstellen, dass die Provider in jenen Staaten, in denen sich die Server befinden, kinderpornografische Inhalte löschen.
Der Antrag der Grünen wurde mehrheitlich von SPÖ und ÖVP abgelehnt. Jarolim sieht im Gespräch mit ORF.at die internationale Kooperation als wichtige Möglichkeit im Kampf gegen Kinderporno-Angebote.
Selbstregulierung der Branche
Die österreichische Provider-Organisation ISPA hat sich mehrmals gegen die Einführung von Internet-Sperren ausgesprochen, diese seien nicht effizient genug, um gegen das Problem vorgehen zu können. "Es gibt keine technische Lösung für das Problem Kinderpornografie", so ISPA-Generalsekretär Andreas Wildberger auf Anfrage von ORF.at. Die ISPA unterhält seit mehreren Jahren die Hotline Stopline, in deren Rahmen sie mit der Polizei zusammenarbeitet, um die Verbreitung illegaler Inhalte über das Netz zu verhindern. Stopline ist im Rahmen des EU-Projekts INHOPE mit Partnerstellen in ganz Europa vernetzt.
2009 gingen insgesamt 956 zutreffende Mitteilungen über Kinderpornografie bei der Stopline ein. Die illegalen Inhalte sind zum überwiegenden Teil in den USA gehostet, auch Russland, Spanien, Kroatien und Japan zählen zu den meistgenannten mutmaßlichen Herkunftsländern laut Stopline-Bericht 2009.
(futurezone/Günter Hack)