ACTA: US-Plan gibt Marschrichtung vor
Kurz vor der neunten Verhandlungsrunde über das Anti-Piraterie-Abkommen ACTA hat die US-Regierung einen umfassenden Strategieplan zur Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte veröffentlicht. US-Präsident Barack Obamas Copyright-Expertin Victoria Espinel will den Druck auf die Partnerstaaten der USA in dieser Frage erhöhen.
Espinel stellte am Dienstag (Ortszeit) in Washington den Strategieplan zur verstärkten internationalen Durchsetzung der US-Interessen auf ihrem Gebiet vor.
Die US-Regierung will vor allem die internationale Zusammenarbeit bei der Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte stärken. Espinel hat ihren Plan nicht umsonst kurz vor der neunten Verhandlungsrunde über ACTA veröffentlicht, die vom 28. Juni bis zum 1. Juli in Luzern in der Schweiz stattfinden wird.
Diesmal soll es dort verstärkt um "Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte in digitalen Umgebungen" gehen. Die USA drängen darauf, dass die Bestimmungen ihres Digital Millennium Copyright Act (DMCA) auch in den ACTA-Unterzeichnerstaaten - darunter die EU-Mitgliedsländer - umgesetzt werden.
Internationale Zusammenarbeit
Das Espinel-Strategiepapier spiegelt einige dieser Bemühungen wider. So soll in US-Botschaften verstärkt Personal stationiert werden, das sich mit der Bekämpfung von Verstößen gegen das geistige Eigentumsrecht befasst. Diese Experten sollen in den Botschaften Arbeitsgruppen einrichten, deren Ziel es sein soll, in "Ländern mit hoher Priorität" die Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte zu erreichen. Zu diesen Ländern gehören unter anderem China und Argentinien, aber auch Kanada.
Ausländische Websites, auf denen geistige Eigentumsrechte verletzt würden, seien "ein wachsendes Problem, das unsere nationale Sicherheit, speziell die Sicherheit unserer nationalen Wirtschaft, unterminiert", heißt es im Bericht. Die US-Regierung soll eine Liste dieser Piraterie-Websites erstellen und alle Regierungsstellen dazu anweisen, diese Sites zu bekämpfen. Auch das lange im Geheimen verhandelte ACTA-Abkommen wird in diesem Kontext erwähnt. Dieses solle die "Partner" der USA dazu bringen, "amerikanisches geistiges Eigentum zu schützen".
"Three Strikes Out"
Die Kommunikation zwischen staatlichen Stellen und Rechteinhabern soll verbessert werden. So soll nur noch ein Hinweis der Rechteinhaber genügen, um den Import von Geräten in die USA zu blockieren, die zur Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen geeignet sind.
Bei der Medienpiraterie über das Netz setzt die Regierung Obama zunächst auf die "Kooperation" zwischen den Akteuren der Privatwirtschaft, also zwischen Providern und Medienkonzernen. Indirekt spricht sich Espinel hier für "Three Strikes Out" aus: "Die Regierung befürwortet insbesondere Maßnahmen von Privatunternehmen, effektiv mit wiederholten Copyright-Verletzungen umzugehen." Dabei sollten die Vorgaben des Wettbewerbsrechts, der freien Meinungsäußerung, des Rechts auf einen ordentlichen Prozess und die Privatsphäre der Nutzer berücksichtigt werden.
Petition gegen ACTA
Die von Konsumentenschützern in Zusammenhang mit ACTA mehrmals kritisierte Vermischung von Medienpiraterie mit harter organisierter Kriminalität wie Fälschung von Ersatzteilen und Medikamenten zieht sich durch den ganzen Bericht. So folgt auf den Abschnitt über die "Kooperation" gegen Medienpiraterie unmittelbar ein Text über die Maßnahmen von US-Suchmaschinenanbietern zur Bekämpfung des Imports gefälschter Medikamente.
Die US-Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) wird am Mittwoch die endgültige Version einer Petition gegen ACTA vorstellen. Das Abkommen könne dazu führen, dass weltweit Menschen auf Befehl der Medienindustrie vom Netz getrennt und Provider zu Handlangern der Copyright-Industrie gemacht werden, so die Organisation in einer Mitteilung vom Dienstag.