Europa vorerst keine ÜberwachungsUnion
Die umstrittene Neufassung der EU-Entschließung zur Datenüberwachung von Telefon und Internet
[ENFOPOL] wird verschoben. Die Innen- und Justizminister der EU haben die ENFOPOL-Entschliessung von der Tagesordnung ihres für den 28. Mai angesetzten Treffens in Brüssel entschieden.
Offiziell heißt es: Die Minister hätten zwar in der Sache keine Vorbehalte, wollten jedoch zunächst eine öffentliche Diskussion in den 15 Staaten der Europäischen Union.
Weniger offiziell heisst es
Nicht ganz unerwartet hat die Industrie, allen voran die grossen TelefonNetzbetreiber hinter den Kulissen die ökonomische Note massiv ins Spiel gebracht.
Die ENFOPOL-Beschlüsse sahen bis dato vor, dass Provider aller Dienste von Internet bis GSM auf eigene Kosten Hochsicherheitstrakte, AbhörSchnittstellen und ähnliches einrichten sollten. Dies fand naturgemäss wenig Gefallen bei der Industrie.
Einwände der Justizminister
Weitere Einwände gegen ein Durchziehen der umstrittenen ÜberwachungsPläne kamen seitens mehrerer EU-Justizminister.
Der Justizausschuss des EU-Parlaments hatte am 7. Mai vergeblich eine Verschiebung des umstrittenen Gesetzvorhabens gefordert.
ENFOPOL soll erst unter der finnischen EU-Präsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte 1999 wieder auf die Agenda kommen.
Nicht in den Hinterzimmern der Ministerien
Christiane Schulzki-Haddouti [Telepolis, c't], die zahllose Artikel verfasst
"Endlich haben die Entscheider im EU-Rat eingesehen, dass noch erheblicher Diskussionsbedarf besteht. Hoffentlich wird die Diskussion jetzt nicht in den Hinterzimmern der Ministerien, sondern offen mit allen betroffenen Bürgern geführt. Fragwürdig bleibt die stillschweigende Ausweitung auf alle neuen Technologien. Durch die Einrichtung der Überwachungsschnittstellen entstehen der Wirtschaft immense Kosten - Sicherheitsrisiko inklusive. Sollbruchstellen in den TK-Anlagen lassen sich schliesslich nicht nur von den gesetzlich ermächtigten Stellen gebrauchen."
Der neueste über das MoratoriumÖsterreichischer Site mit automatisierten E-Mails an die für ENFOPOL zuständigen Minister Schlögl und Michalek.
STOP ENFOPOLWachsamkeit weiter geboten
Armin Medosch, für ENFOPOl zuständiger Redakteur von Telepolis:
Ich denke, dass die Internationalisierung der Diskussion sehr geholfen
hat, weil plötzlich in verschiedenen Ländern Widerstand spürbar wurde.
Zugleich scheint es Meinungsverschiedenheiten innerhalb verschiedener
Regierungsabteilungen und zwischen wirtschaftlichen und
sicherheitspolitischen Interessen zu geben. Doch die Verschiebung bedeutet
nicht, dass die Wachsamkeit gegenüber diesem Thema nachlassen darf.
Förderverein Informationstechnologie und Gesellschaft, ein Mitglied der Global Internet Liberty Campaign. Hat die erste Deklaration gegen ENFOPOL verfasst
FITUG Deutschland