27.05.1999

KRITIK DER AKTIONÄRE, "Karre sitzt richtig im Dreck"

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Deutsche Telekom in Turbulenzen

Die Aktionäre der Deutschen Telekom haben der Konzernführung bei der heutigen Hauptversammlung Unprofessionalität und falsche Verhandlungsführung beim Einfädeln der inzwischen gescheiterten Fusion mit Telecom Italia vorgeworfen. "Die Karre sitzt richtig im Dreck", sagte ein Anteilseigner auf der Hauptversammlung.

"Rote Karte fürs Management"

Anneliese Hieke von der Schutzvereinigung der Kleinaktionäre zeigt dem Telekom-Management "führ ihren italienischen Aktionismus die rote Karte". Das geplante Umtauschverhältnis von Telekom-Aktien zu Telecom-Italia-Aktien sei nicht angemessen festgelegt worden, die Fusionspläne hätten den Aktienkurs belastet.

"Es sieht so aus, als ob hier handwerkliche Fehler gemacht wurden", sagte ein anderer Aktionär. "Solche Flops können wir uns eigentlich nicht leisten."

France Telecom verärgert

Der France Telecom-Chef Michel Bon hat nicht an der Hauptversammlung der Deutschen Telekom AG in Köln teilgenommen. Bon, der im Aufsichtsrat der Deutschen Telekom sitzt, sei wegen "aktueller Ereignisse" nicht anwesend gewesen.

Die France Telecom ist wegen der [inzwischen geplatzten] Fusionspläne der Deutschen Telekom und der Telecom Italia verärgert und hat sogar eine Schadenersatzklage gegen das Partnerunternehmen eingereicht. Deutsche Telekom und France Telecom halten jeweils Anteile von zwei Prozent aneinander.

Management kontert

Telekom-Chef Ron Sommer verteidigte sich gegen die "ungerechtfertigten" Vorwürfe und verwahrte sich gegen den Eindruck, die Telekom habe "Haus und Hof verwettet". "Wir verfügen über eine glasklare Internationalisierungsstrategie, die wir auch weiterhin konsequent umsetzen. An einem Zusammengehen mit Telecom Italia sind wir weiterhin interessiert, auch wenn der Mehrheitseigner inzwischen Olivetti heisst. Bekanntlich führen viele Wege nach Rom."

Telekom-Chef Sommer bleibt

In der heutigen Hauptversammlung wurde beschlossen, dass Ron Sommer bis zum Jahr 2005 an der Spitze der Deutschen Telekom bleiben wird. Der Aufsichtsrat des Konzerns hat seinen im kommenden Jahr ablaufenden Vertrag verlängert. Wegen der vorerst geplatzten Fusion zwischen Deutscher Telekom und Telecom Italia hatten Branchenkenner zuletzt gezweifelt, ob der Vorstandschef weiter im Amt bleibt.

Sommer will die Deutsche Telekom AG zu einer der fünf führenden Telefongesellschaften der Welt machen: "Wir werden jede sinnvolle Möglichkeit nutzen, um unsere Weltmarktstellung durch internationale Beteiligungen und Fusionen auszubauen. Die Telekom ist fest entschlossen, einer der vier oder fünf Anbieter zu sein, die den Weltmarkt prägen."

Fusion vorerst geplatzt

Nach der Übenahme der Telecom Italia durch Olivetti ist die Fusion zwischen der Deutschen Telekom und Telecom Italia vorerst vom Tisch.

Der von den Deutschen angestrebte Zusammenschluss werde "auf keinen Fall" zustandekommen, sagte der Olivetti-Chef und designierte Telecom-Italia-Konzernleiter Roberto Colaninno.