Tauschbörse ohne rechtliche Probleme

09.11.2006

Bei der Online-Tauschbörse Hitflip wechseln CDs, DVDs, Computerspiele, Hörbücher und Bücher den Besitzer - seit kurzem auch in Österreich. Im Interview mit ORF.at verraten die Betreiber, wie Not erfinderisch macht, was die Musikindustrie dazu sagt und was am liebsten getauscht wird.

Nutzer können sich bei Hitflip ihrer un- oder nicht mehr geliebten Stücke entledigen und sich mit neuer Musik und Filmen eindecken. Nach der Eingabe des Barcodes werden Bild, Beschreibung und User-Kommentare automatisch aus einer Datenbank generiert. Für die lückenlose Aktualität der Barcode-Datenbank sorgt der Kooperationspartner Amazon.

Diese bestimmt auch den Marktwert des Artikels, der in Flips berechnet wird. Die gesammelten Flips können gegen weitere Produkte getauscht werden. Je Tauschobjekt wird eine Gebühr von 99 Cent fällig, die quasi Bearbeitungsgebühr und Versicherung zugleich ist.

100.000 Tauschartikel online

Derzeit sind etwa 100.000 Tauschartikel im Angebot. Die Hitflip Media Trading GmbH wurde im Sommer 2005 gegründet und hat zuletzt Kapitalgeber gefunden, die sich im siebenstelligen Bereich engagiert haben. Nach Österreich soll auch Großbritannien mit der Tauschbörse erobert werden.

Österreicher stehen auf DVDs

"Mit einer solchen Resonanz hatten wir nicht gerechnet", kommentiert Gerald Schönbucher, Kogeschäftsführer und Mitgründer der Hitflip Media Trading GmbH, den Österreich-Start.

Im ORF.at-Interview verriet er weiters, wie Hitflip entstanden ist, welche technische Infrastruktur dahinter läuft und wie die Musikindustrie auf das Angebot reagiert hat.

Was hat Sie auf die Hitflip-Idee gebracht?

Wir drei Gründer haben in einer deutschen Kleinstadt studiert. Dort gab es keine Videothek. Also haben wir untereinander DVDs getauscht. Das war aber ein ineffizienter und unbequemer Prozess. Wir waren der Überzeugung, dass man den durch eine Internet-Plattform deutlich verbessern konnte. Da war die Hitflip-Idee geboren.

Wie viele Menschen arbeiten an dem Projekt? Ist es für die Betreiber rentabel?

Wir haben derzeit gut 20 Mitarbeiter. Wir sind zuversichtlich, dass wir im ersten Quartal 2007 einen positiven Cash-Flow erzielen werden.

Wie lange lief die Betaphase in Österreich? Wieviele deutsche/österreichische Nutzer gibt es bis dato?

In Österreich gab es keine Betaphase. Wir haben die deutsche Version hinreichend getestet und haben mit dieser dann in Österreich gelauncht. Bis

Jahresende werden wir in Deutschland 100.000 Mitglieder haben. In Österreich rechnen wir bis zum Jahresende mit 10.000 Mitgliedern.

Welche Warenkategorie ist am beliebtesten/am wenigsten gefragt?

Am beliebstesten sind in Deutschland Hörbücher, in Österreich DVDs. Weniger beliebt sind in beiden Ländern noch Bücher. Das liegt in Deutschland

vermutlich aber daran, dass diese Kategorie die jüngste ist.

Wieviele DVDs/CDs wechseln über Hitflip monatlich durchschnittlich den Besitzer?

Hierzu kann ich leider keine Angabe machen.

War das US-Portal Lala.com ein Vorbild?

Lala.com startete einige Monate nach Hitflip. Aber es wäre wohl vermessen zu behaupten, dass wir deren Vorbild waren.

Mit welcher technischen Infrastruktur wird die Plattform betrieben?

Wir arbeiten sehr viel mit Open-Source-Software [Apache, PHP und mySQL]. Aber wir profitieren nicht nur von Open Source, sondern versuchen auch, der

Entwickler-Community unsere Weiterentwicklungen frei zugänglich zu machen.

Haben Sie seitens der Musik-/Filmindustrie Reaktionen auf das Tauschmodell bekommen? Bislang gab es nur seitens der Musikindustrie eine Reaktion. Die war überraschend positiv. Der Verband unabhängiger Tonträgerunternehmen begrüßt es, dass Hitflip eine saubere, legale Alternative zu den häufig kritisierten P2P-Plattform geschaffen hat.

Ihr Firmenmodell passt perfekt in den derzeitigen Web-2.0-Boom. Hat Hitflip bereits Kaufangebote erhalten?

Wir waren in der sehr glücklichen Situation, uns unsere Kapitalgeber bei der letzten Finanzierungsrunde aussuchen zu können. Wir wissen, dass wir verschiedentlich beobachtet werden, ein offizielles Kaufangebot liegt uns aber noch nicht vor.

(futurezone | Nayla Haddad)