Rechtsschutzdefizite bei Online-Durchsuchung

DATENSCHUTZ
22.05.2009

Bei der Frühjahrstagung der Österreichischen Juristenkommission wurden die geplante Online-Durchsuchung und neue gesetzliche Ermächtigungen diskutiert.

Der Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk ortet eine fortschreitende Aufweichung der Grenzen zwischen Prävention und Verfolgung - etwa bei der Online-Durchsuchung. Neue gesetzliche Ermächtigungen, wie sie im Regierungsprogramm vorgesehen sind, müsse man an den "Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit" messen, meinte er bei der Frühjahrstagung der Österreichischen Juristenkommission am Freitag. Funk regte dahingehend eine Revision des Systems der Organisationsdelikte im Strafrecht an.

"Neue gesetzliche Ermächtigungen für Online-Durchsuchungen für Zwecke der Prävention oder der Strafverfolgung sind an den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit, der gesetzlichen Bestimmtheit sowie der sichtbaren Funktions- und Kontrollsicherheit zu messen und nur von diesen Grundsätzen her legitimierbar", so Funk. "De lege lata" gebe es in Österreich derzeit keine gesetzlichen Grundlagen für Online-Durchsuchungen. Die Grundsätze der Spezialität und der Limitierung würden es nicht zulassen, dass bestehende Ermächtigungen insbesondere zu Hausdurchsuchungen, zur Sicherstellung von Beweismitteln oder zur Überwachung von Telekommunikation als Rechtsgrundlagen interpretiert werden dürfen.

Rechtsschutzdefizite

Hannes Tretter, Leiter des Ludwig Boltzmann Instituts für Menschenrechte, hatte zuvor zu diesem Thema angemerkt, dass man dabei die Behörden zur Ermittlung und Weiterverarbeitung von personenbezogenen und teils sensiblen Daten ermächtige, wobei die Betroffenen von der Ausübung dieser Befugnisse in der Regel nicht Kenntnis erlangen werden.

Bereits der Verfassungsgerichtshof habe in einem ähnlichen Fall festgehalten, dass der Gesetzgeber gegen den allfälligen verfassungswidrigen Gebrauch dieser Ermächtigungen und gegen mögliche Willkür Rechtsschutzmechanismen vorsehen müsse, so Tretter. Auch der Rechtsschutzbeauftragte beim Bundesministerium für Inneres (BM.I) biete aus verschiedenen Gründen keinen effektiven Rechtsschutz.

Wirksame rechtsstaatliche Kontrolle gefordert

Diese Rechtsschutzdefizite lösen laut Tretter "erhebliche grundrechtliche Bedenken" gegen die geplanten sicherheitspolizeilichen Bestimmungen aus. Daraus folge auch, dass die den Behörden in den Bestimmungen des SPG eröffneten Ermessensspielräume auch dort verfassungswidrig sein könnten, wo diese für sich genommen unbedenklich wären, wenn sie unter der nachprüfenden Kontrolle unabhängiger Instanzen stünden.

"Es steht außer Zweifel, dass die Sicherheitsbehörden zur Erfüllung vieler Aufgaben notwendigerweise auch über die Berechtigung zur Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten verfügen müssen", so Tretter. Allerdings müsse dabei die maßhaltende Relation zwischen den Interessen der Öffentlichkeit und den Betroffenen "in klaren Konturen" gesetzlich vorgezeichnet sein und einer wirksamen rechtsstaatlichen Kontrolle unterliegen.

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(APA)