SPG-Gegner begrüßen VfGH-Entscheidung
In ersten Reaktionen zeigen sich die Grünen und T-Mobile als Beschwerdeführer gegen das Sicherheitspolizeigesetz über die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zu ihren Anträgen erleichtert. T-Mobile-Justiziar Klaus Steinmaurer hofft, dass ausgerechnet die ungeliebte Vorratsdatenspeicherung die Gewaltenteilung bei der Telefonüberwachung wiederherstellen wird.
Auf die am Mittwoch veröffentlichte Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), die Anträge auf Prüfung des 2007 novellierten Sicherheitspolizeigesetzes (SPG) nicht zum Verfahren zuzulassen, reagierten die ersten Antragsteller mit verhaltener Zustimmung. Grund dafür ist, dass die Verfassungsrichter mit der Ablehnung auch die bisher recht vage gehaltenen Bestimmungen des SPG präzisierten.
Marie Ringler, Landtagsabgeordnete der Wiener Grünen, die einen der abgewiesenen Individualanträge gestellt hatte, wertete die Aussagen von VfGH-Präsident Gerhart Holzinger in einer Aussendung vom Mittwoch als "Zeichen für mehr Datenschutz und Privatsphäre". Ringler weiter: "Wermutstropfen bleibt, dass sämtliche Beschwerden gegen das Sicherheitspolizeigesetz formal abgewiesen wurden. Allerdings hält der VfGH explizit fest, dass zukünftige Beschwerden von Betroffenen genau unter die Lupe genommen werden."
Die Grünen forderten weiterhin, das SPG verfassungskonform zu machen, so Ringler. Unschuldig von Überwachungsmaßnahmen Betroffene sollten sich bei den Grünen melden, man werde sie bei Beschwerden vor dem VfGH unterstützen. Ringlers Anwalt Wolfram Proksch zeigte sich vom Spruch des VfGH erfreut, das Gericht habe den Argumenten gegen das SPG "im Kern" recht gegeben.
Streit über Gewaltenteilung
Auch der Provider T-Mobile war gegen das SPG vor den VfGH gezogen. Klaus Steinmaurer, Leiter der Rechtsabteilung von T-Mobile, zeigte sich gegenüber ORF.at erleichtert. "Wir wollten in erster Linie, dass wieder ein Richter und ein Staatsanwalt beteiligt wird", so Steinmaurer. Im SPG ist nicht festgelegt, welche Stellen der Polizei zur Abfrage befugt sind. Kritiker wie der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz hatten daher befürchtet, dass jeder Polizist gemäß SPG Daten abfragen dürfte. Das Innenministerium war dieser Kritik dann mit einer internen Weisung begegnet, in der die Stellen definiert wurden, die zur Abfrage berechtigt seien.
Nach der SPG-Novelle haben die Behörden nämlich ohne Zuziehung eines Richters Abfragen tätigen dürfen, es hätte nur eine Prüfung durch den Rechtsschutzbeauftragten des Innenministeriums stattgefunden. Darauf sei der VfGH in seiner Prüfung zwar nicht eingegangen, allerdings habe er festgelegt, dass die Provider keine Speicherpflichten über die zur Rechnungslegung notwendigen Daten hinaus hätten.
Hoffen auf die Vorratsdatenspeicherung
"Diese Entscheidung ist lustig und interessant", so Steinmaurer zu ORF.at: "Denn diese Daten helfen den Ermittlern in 90 Prozent der Fälle überhaupt nicht weiter. Die Datenübermittlung ist damit so eingeschränkt, so dass sie in der Praxis nutzlos ist." In einem weiteren Schritt hofft Steinmaurer, dass die Gewaltentrennung im Bereich der Telefonüberwachung ausgerechnet durch die bevorstehende Umsetzung der EG-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung (Data-Retention) in österreichisches Recht wieder hergestellt wird. "Die Richtlinie legt nämlich genau fest, welche Arten von Daten gespeichert werden müssen und dass die Daten nur zur Verfolgung schwerster Straftaten aus den Bereichen der organisierten Kriminalität und des Terrorismus verwendet werden dürfen. Damit sind Richter und Staatsanwälte wieder an Bord, wenn auch über Umwege", so Steinmaurer.
Die Bestimmung, dass die IMSI-Catcher - spezialisierte Abhörgeräte für Mobilfunksysteme - nur noch zur Standortbestimmung eingesetzt werden dürfen, findet Steinmaurer interessant. "Das geht an der technischen Realität vorbei. Die Standortabfrage wird bei IMSI-Catchern nur dazu benutzt, um festzustellen, wo sich die abzuhörenden Personen befinden", so der T-Mobile-Justiziar. "Die Lokalisierung geht über das Netzwerk viel schneller vor sich. Dazu brauche ich keinen IMSI-Catcher."
(futurezone/Günter Hack)