Ringler bringt SPG-Beschwerde nach Straßburg
Die Wiener Gemeinderätin Marie Ringler (Die Grünen) hat wegen des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG) eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gegen die Republik Österreich eingebracht.
Bei der Beschwerde geht es um die Novellierung des SPG, die vom Parlament im Dezember 2007 beschlossen wurde. Eine wesentliche Änderung bestand in der Einführung zweier neuer Bestimmungen, die mit den Paragrafen 53 Abs. 3a sowie 53 Abs. 3b geregelt sind. Diese betreffen die Auskunftserteilung durch Betreiber öffentlicher Telekommunikationsdienste.
Abfrage von IP-Adressen und Standortdaten
Paragraf 53 Abs. 3a ermächtigt die Sicherheitsbehörden bei "Gefahr in Verzug", ohne richterliche Kontrolle IP-Adressen und Telefonverbindungsdaten sowie die dazugehörigen persönlichen Daten der Teilnehmer kostenlos bei den Providern anzufordern.
Paragraf 53 Abs. 3b SPG berechtigt die Sicherheitsbehörden, von Betreibern öffentlicher Telekommunikationsdienste Auskunft über die Standortdaten des Endgeräts (IMSI-Catcher) zu verlangen, wenn Leben oder Gesundheit von Menschen gefährdet ist.
Bestimmungen nicht präzise genug formuliert
Ringler macht in ihrer Beschwerde eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens (Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention) geltend, weil die betreffenden Bestimmungen nicht ausreichend präzise formuliert seien, so dass kein Schutz vor willkürlicher behördlicher Inanspruchnahme der Befugnisse bestehe.
Bemängelt wird auch, dass entgegen der Rechtsprechung des EGMR keine angemessenen Garantien und Vorkehrungen sowie keine wirksame Kontrolle im SPG vorgesehen seien. Auch sei eine nachträgliche Benachrichtigung des Betroffenen nicht vorgesehen, obwohl der EGMR das in vergleichbaren Fällen als erforderlich angsehen habe.
SPG "brandgefährlich"
Das SPG sei insbesondere im Hinblick auf die kommende Vorratsdatenspeicherung "brandgefährlich", so die Kritik der Grünen. Das SPG verstoße neben Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention auch gegen das Grundrecht auf Datenschutz.
Ringler brachte gegen beide Bestimmungen im Februar 2009 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) ein, die jedoch am 1. Juli 2009 zurückgewiesen wurde. Damit war der innerstaatliche Rechtsweg erschöpft.
Durch die mittelbare Abfrage von Inhaltsdaten könnten sensible Daten wie politische Meinung, sexuelle Orientierung, ethnische Herkunft und religiöse und weltanschauliche Einstellungen ohne legitimen Zweck nachvollzogen werden, kritisierten die Wiener Grünen.
