Komplexe Lizenzen behindern Musikgeschäft

MEDIEN
26.01.2010

Die Musikindustrie hat Jonathan Klein, Mitbegründer der Fotoagentur Getty Images, zur Musikmesse MIDEM in Cannes eingeladen. Wie die Musikindustrie haben auch die Fotoagenturen mit Piraterie zu kämpfen. Klein empfiehlt den Musikkonzernen einen Strategiewechsel und plädiert für die Vereinfachung des Lizenzwesens.

Die schwedische Abomusikplattform Spotify.com ist bei der heurigen MIDEM in aller Munde: "Legal und gratis" können die Fans in einigen europäischen Ländern über Spotify Musik hören, trotzdem hat das Angebot bereits 250.000 zahlende Abonnenten für ein werbefreies Premium-Service.

Derartige Erfolge geben Vertretern der Musikbranche neue Hoffnung - geschaffen wurde Spotify aber nicht von ihnen, sondern von einem Team aus der Computerbranche. "Und es ist kein Wunder, dass diejenigen, die das Musikbusiness verändern, keine Ahnung von Musik haben", sagte Klein, im APA-Gespräch.

Denn im Musikbusiness gebe es "immer noch zu wenig Motivation für Veränderung", sagte Klein, der heuer zur MIDEM eingeladen war, um aus eigener Erfahrung zu sprechen: Getty Images hat "als Erstes ein Foto im Internet verkauft" und seither u. a. mit Copyright-Abmahnungen gegen Websurfer für Unmut gesorgt und mit konkurrierenden Gratisangeboten zu kämpfen.

Dennoch sei die Agentur "hoch profitabel" und in einer besseren Lage als die Musikindustrie: "Unser Wachstum hat sich verlangsamt, aber wir hatten keine jahrelangen Marktschrumpfungen, unsere Fotografen wollen mit uns arbeiten. Und unsere Kunden wollen uns nicht bestehlen", so Klein.

"Rechte vereinfachen"

Was also müsste das Musikbusiness anders machen, damit ihm nicht weiter die Kunden davonlaufen? "Man müsste die Rechte vereinfachen, das ist die wichtigste Sache", sagte Klein. Auch Spotify.com wird derzeit noch von den Schwierigkeiten, Musik über Landesgrenzen hinweg zu lizenzieren und damit legal anzubieten, gebremst. So hat die Plattform bisher ihren Weg noch nicht in die USA (oder auch nach Österreich) gefunden.

Auch andere Musikservices kommen nicht oder nur mit Verspätung in Österreich an. "Ein Business, wo es Tausende verschiedene Verträge zu beachten gilt, nützt nur den Rechtsanwälten", so Klein. "Anwälte brauchen Komplexität, aber als Business muss man so weit wie möglich vereinfachen." Im Zeitalter des World Wide Web sei es für Kunden unverständlich, wenn sie aus Lizenzgründen nicht auf ein Service zugreifen können.

Und "man muss auch den Künstlern mehr Macht geben und das vorhandene Material endlich zugänglich machen", so Klein weiter. "Ich schätze, weniger als ein halbes Prozent des Gesamtkataloges wird genützt." Die unlizenzierte Verbreitung urheberrechtlich geschützter Werke sei "ein Faktum. Aber es kommt auf die eigene Einstellung an, wie man damit umgeht. Man kann sich nur noch auf die Piraterie konzentrieren. Oder man akzeptiert es als Faktum und beschäftigt sich lieber mit der Frage, wie man den Markt zum Wachsen bringen kann." Und hier sei auch im Musikbusiness "eindeutig eine Grundvoraussetzung erfüllt: Die Nachfrage ist so groß wie nie. Man darf nicht davon besessen sein, wie man daraus Geld machen kann."

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(APA)