D: Polizei erfolgreich gegen Cybercrime

KONTROLLE
03.03.2010

Deutsche Polizeiverbände bedauern das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegen die Vorratsdatenspeicherung (Data-Retention). Doch die Aufklärungsquote von Verbrechen im Netz war auch schon vor Einführung des umstrittenen Gesetzes hoch. Die Polizei darf auch weiterhin auf die Verkehrsdaten der Telekoms zugreifen.

Im Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts zur Löschung aller auf Vorrat gespeicherten Telefon- und Internet-Verbindungsdaten sehen Polizeivertreter einen Rückschlag bei der Verbrechensbekämpfung. Der baden-württembergische Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Manfred Klumpp, befürchtet sogar, dass die Strafverfolgung "in vielen Bereichen darben und oftmals erfolglos bleiben" werde. Doch laut Urteil darf die Polizei auch weiterhin alle bei den Telekommunikationsanbietern anfallenden und für betriebliche Zwecke vorübergehend gespeicherten Daten abfragen, um Straftaten aufzuklären oder zu verhindern.

Nach Angaben des Verbands der Deutschen Internetwirtschaft speichern Internetprovider alle Verbindungsdaten ihrer Kunden in der Regel eine Woche lang. Dies dient zur Abrechnung, der internen Revision oder zur Fehlersuche. Für Verbindungsdaten von Telefon und Handy bei Flatrate-Tarifen gilt eine ähnliche Frist. Auf diese sogenannten Betriebsdaten der Dienste-Anbieter darf die Polizei laut Paragraph 100g der Strafprozessordnung und Urteil weiterhin bei einem begründeten Verdacht oder zur Gefahrenabwehr zugreifen, wie der Bundessprecher des BDK, Bernd Carstensen, bestätigt.

Hohe Aufklärungsquote bei Netzverbrechen

Carstensen kritisiert allerdings, dass die Polizei bei ihren Ermittlungswerkzeugen wegen des Urteils "auf den Stand vor der Vorratsdatenspeicherung zurückgeworfen wird". Doch auch vor Ende 2007, der Verabschiedung der nun von Karlsruhe gekippten Regelungen zur Datenspeicherung für sechs Monate, war die Polizei bei der Bekämpfung der Internetkriminalität erfolgreich. Dies belegt die Statistik des Bundeskriminalamts von 2007.

Demnach konnten die Fahnder 82,9 Prozent aller erfassten Straftaten aufklären, die mit dem "Tatmittel" Internet begangen wurden. Mit knapp drei Viertel aller der Fälle war Betrug die häufigste Straftat im Internet. Die Aufklärungsquote lag hier sogar bei 84 Prozent. Und selbst die Verbreitung pornographischer Schriften, darunter vor allem die Kinderpornographie, konnte in 86,3 Prozent der Fälle mit den nur kurzfristig gespeicherten Betriebsdaten aufgeklärt werden. Zum Vergleich: Bei Betrug lag die Aufklärungsquote 2007 bei 83,3 Prozent, bei Raubdelikten insgesamt bei 51,5 Prozent.

Netzwerke der organisierten Kriminalität

Der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Peter Schaar, vertrat angesichts dieser Zahlen bei der Verhandlung in Karlsruhe auch die Auffassung, dass es keine Straftaten gebe, die ohne Vorratsdatenspeicherung "grundsätzlich nicht aufgeklärt werden könnten".

Allerdings räumen Juristen ein, dass die Vorratsdaten ein hilfreiches Instrument sind, um Strukturen der Organisierten Kriminalität aufzudecken. "Wenn wir wissen, welcher Kriminelle mit wem über Monate Kontakt hatte, können wir Organigramme erstellen und Zusammenhänge besser erkennen. Dieses Instrument fehlt uns nun", sagt ein Ermittler im Stuttgarter Landeskriminalamt.

(AFP)