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Sporteln mit Web-2.0-Faktor

Start-UP-Geschichten
04.03.2010

Das Linzer Start-up runtastic versucht, Sport mit Funktionen des Web 2.0 zu verknüpfen: Mit einer eigenen iPhone-App können Nutzer ihre sportlichen Aktivitäten aufzeichnen und über ein Online-Portal mit anderen Sportlern teilen. Neben der Ausweitung auf andere Smartphones testen die vier Gründer auch stationäre Trackingsysteme mit RFID-Chips.

Knapp 20.000 Mal wurde die iPhone-App von runtastic seit ihrer Veröffentlichung Ende November 2009 heruntergeladen, das Ende Dezember gestartete Portal zählt derzeit 5.000 aktive Nutzer. "Wir sind ganz gut unterwegs", meinen die runtastic-Gründer Rene Giretzlehner, Florian Geschwandtner und Alfred Luger. Gemeinsam mit Christian Kaar wollen sie runtastic zu "Europas größtem Sportportal" ausbauen, fomuliert Geschwandtner das sehr ehrgeizige Ziel. Gelingen soll das vor allem über Funktionen, wie man sie aus sozialen Netzwerken kennt.

Aufzeichnung der sportlichen Aktivitäten

Grundlage ist die runtastic-App für das iPhone. Sportler können damit ihre Aktivitäten wie Laufen, Nordic Walking, Radfahren oder Wandern (für Wintersportarten gibt es eine eigene App) mittels Satellitennavigation (GPS) tracken und auf das Portal hochladen.

Aus den Daten wird neben der zurückgelegten Strecke samt Höhenkilometern auch der Kalorienverbrauch ausgewertet und im eigenen Sporttagebuch mit Wochen- und Monatsplan hinterlegt. Die einzelnen Aktivitäten, die auch händisch im Portal eingetragen werden können, können dann innerhalb der runtastic-Community veröffentlicht und via Facebook und Twitter auch einem breiteren Kreis mitgeteilt werden. Zielgruppe sind vor allem junge Hobby-Sportler, für die man Spaß und Internet mit Sport und Informationen dazu verbinden will.

Netzwerk für soziale Sportler

Die Idee, seine sportlichen Aktivitäten mit anderen via Internet zu teilen, ist nicht neu, es gibt bereits eine Reihe von Portale und Anwendungen, über die man seine sportlichen Leistungen zeigen und mit anderen vergleichen kann. Runtastic glaubt trotzdem, einen originären Zugang gefunden haben. "Andere Portale sind meist nur auf eine Sportart getrimmt", so Gschwandtner, "wir bieten zudem auch ein Soziales Netzwerk an, in dem man Nachrichten austauschen und neue Freunde finden kann. Sport ist eine Gemeinschaftssache und wir wollen die Leute miteinander vernetzen."

In Zukunft sollen dazu etwa auf dem Portal Nutzer zusammengeführt werden, die zum Beispiel regelmäßig zur gleichen Zeit dieselbe Strecke laufen. Mit der nächsten Version der iPhone-Anwendung sollen Sportler ihre Daten auch anderen Nutzern als Herausforderung zur Verfügung stellen können. In den so genannten Challenges können sich die Sportler dann miteinander messen, die iPhone-Anwendung sagt dabei dem Herausforderer an, wo er im Vergleich gerade liegt. Die Challenges können auch von größeren Gruppen über einen längeren Zeitraum ausgeführt werden, zum Beispiel können zwei Universitäten eine Woche darum kämpfen, wer die meisten Kilometer beim Radfahren zusammenbringt. "Das ist ein Feature, das großen Anklang findet", meint Gschwandtner.

Premium-Angebote sollen Geld bringen

Derzeit sind alle runtastic-Anwendungen kostenlos zu haben. die für Mitte April geplante Pro-Version der iPhone-Anwendung mit den Challenges, einer deutschen Sprachausgabe und weiteren Features soll kostenpflichtig werden. Der einmalige Kaufpreis soll dabei im niedrigen Eurobereich bleiben. Zusätzlich planen die vier Oberösterreicher ihr Webportal auszubauen und ab Sommer eine kostenpflichtige Premium-Sektion einzuführen, bei der die Nutzer dann unter anderem ihre Strecken exportieren können. Die grundlegenden Funktionen wie das Sporttagebuch und die sozialen Interaktionsmöglichkeiten sollen jedoch kostenlos bleiben, so Luger.

Mit dem Premium-Angeboten will sich runtastic auf lange Sicht finanzieren, dazu sollen noch Werbung und ein eigener Webshop, etwa für GPS-Chips, für Einnahmen sorgen. Zusätzlich arbeiten die vier Oberösterreicher an der Ausweitung ihres Portfolios: Mitte April startet in St. Valentin ein Pilotprojekt, bei dem sie eine Strecke mit fix eingebauten Tracking-Stationen ausgestattet haben. Statt beim Sporteln die ganze Zeit ein Handy mit sich zu tragen, muss der Sportler hier nur einen RFID-Chip am Schuh montieren. Der Chip wird dann automatisch von den zwei Zentimeter unter dem Boden vergrabenen Antennen erkannt und der Lauf entsprechend registriert.

Mobile Anwendungen besonders gefragt

Als zweites Standbein bietet runtastic die Entwicklung mobiler Anwendungen, als Absolventen des Studiengangs Mobile Computing der Fachhochschule Hagenberg eine "Kernkomptenz". In diesem Bereich gebe es sehr viele Anfragen, die sie zum Teil auch abweisen müssen, erzählt Gschwandtner. "Der Run auf mobile Anwendungen ist derzeit enorm", es sei auch für sie, trotz der guten Kontakte nach Hagenberg, schwierig, in diesem Bereich gute Entwickler zu bekommen.

Der Ursprung der runtastic-Anwendung liegt ebenfalls in Hagenberg: Giretzlehner und Kaar entwickelten im Rahmen ihres FH-Projekts ein Trackingsystem für Segelboote, das schließlich für Rallyeautos adaptiert wurde. Weil der Rallye-Sport in Österreich unter chronischer Geldnot leidet und Giretzlehner und Kaar das Projekt nicht hinschmeißen wollten, haben sie es, nicht zuletzt aus persönlichem Interesse, in Richtung Breitensport weiterentwickelt.

Android und BlackBerry folgen

Bisher leben die vier Gründer und ihre zwei Mitarbeiter von selbst investiertem Kapital sowie Förderungen. Seit Mitte 2009 widmen sich alle vier nur mehr runtastic, andere Tätigkeiten wurden zurückgelegt beziehungsweise gekündigt. "Wir glauben hundertprozentig daran, das Feedback vom Markt ist sehr gut", so Luger. Gespräche mit Investoren habe es bereits gegeben, es gebe aber keinen Druck, noch jemanden ins Boot zu holen: "Das aktuelle Jahr ist finanziert", sagt Gschwandtner. Der Break-even sei erst später geplant, dazu bräuchten sie auch mehr Nutzer, die sie über weitere mobile Applikationen für Googles Android und BlackBerry und die Unterstützung von Sportuhren erzielen wollen.

Eine Anwendung für Symbian sei derzeit nicht geplant, erklärt Giretzlehner: "Das ist eine schwierige Sache, es gibt so viele Endgeräte mit unterschiedlichen Konfigurationen, verschiedene Displaygrößen, mit und ohne GPS. Dafür eine wirklich gut funktionierende App zu programmieren ist nicht einfach." Zudem sei Symbian von der Programmiererseite nicht einheitlich, für sie als Start-up sei es einfacher, sich vorerst einmal auf Apple und Android zu konzentrieren, wo es eine erkennbare Linie und funktionierende Verkaufsstrukturen gebe. Grundsätzlich ausschließen wolle man aber nichts, so Gschwandtner.

Hohe Ziele

"Wir arbeiten zwar doppelt so viel wie vorher, aber dafür macht es auch doppelt so viel Spaß", fasst Gschwandtner sein persönliches Resümee aus den bisherigen Erfahrungen zusammen. Luger schätzt vor allem den Lerneffekt, "wenn man viel mehr Einblick in alles bekommt als als Angestellter." Die vier versuchen ihre Fixkosten möglichst gering zu halten, viel über Gegengeschäfte abzuwickeln, um "im schlimmsten Fall nur ein paar Tausend Euro zu verlieren", meint Luger. Derzeit laufe aber alles sehr zufriedenstellend.

Serie

Im Rahmen der Serie "Start-up-Geschichten" berichtet futurezone.ORF.at in loser Folge über innovative Web- und IT-Unternehmen mit Österreich-Bezug.

Für 2010 lautet das hochgesteckte Ziel 100.000 Downloads auf dem iPhone und 25.000 aktive Nutzer auf dem Portal zu erzielen. Dabei soll auch die Einführung von Spanisch und Französisch für den internationalen Markt helfen. Es gibt zudem weitergehende Pläne, etwa für einen eigenen Gesundheitstrainer, aber auch Site-Running, also das Erkunden einer Stadt beim Laufen, ist angedacht. An die Möglichkeit, zu scheitern, wollen runtastic nicht unbedingt denken, "sonst braucht man gar nicht damit anzufangen", meint Gschwandtner. "Die ersten zwei Jahre muss man sich Zeit geben", fügt Giretzlehner hinzu, auch um etwaige Tiefs zu durchtauchen. "Wir laufen nicht blind einer Vision hinterher", meint Luger schließlich, "aber wir glauben daran, dass wir Erfolg haben werden."

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(futurezone/Nadja Igler)