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Microsoft-Milliarden gratis

NETZTEILE
17.04.2010

Die IT-Branche ist ein hartes Geschäft. Da wird einem nichts geschenkt, könnte man denken. Aber: weit gefehlt! Denn die IT-Götter sind auch gerne im Namen der Menschlichkeit unterwegs. Uneigennützig natürlich. Wäre ja noch schöner, wenn sie sich dabei bereichern wollten.

Dass wir uns recht verstehen: Der Mensch an sich ist gut. Oder zumindest: Er will Gutes. Und vor allem dann, wenn er schon viel hat - also: sehr viel - dann will er auch davon abgeben. Leider können wir uns nichts von diesem Menschen hier abschneiden, denn zum einen tut das dem Menschen weh (haha, der musste sein, Entschuldigung), zum anderen ist nicht jeder so cool. Respekt.

In der Zwischenzeit tun sich die in Redmond Zurückgebliebenen aber hart, auch nur annähernd so wohltätig zu sein. Die Börse würde ja auch not amused reagieren, wenn man in den Bilanzen plötzlich lesen würde: "Milliarden auf Seattles Straßen verteilt. War lustig."

Immerhin hat man sich durchgerungen, etwas für die zu tun, denen die Finanzkrise erst einmal das Leben durcheinander geworfen hat. 70.000 von ihnen sollen PC-Kurse besuchen, und zwar kostenlos. Dass die dann neue PCs brauchen ... gut, aber selbstlos sind die Kurse ... die jetzt eh keine Firma bucht ... wenigstens sind 70.000 Menschen mit Office beschäftigt, wenn sie schon keines von innen sehen.

Ähnlich sozial und selbstlos bringt die gleiche Firma derzeit Handys für Jugendliche auf den Markt. Gut, die sind nicht praktisch, sie sind auch nicht billig, schön sind sie schon gar nicht, aber sie haben eine Menge an sozialen Netzen an Bord. "Ich habe kein Netz" kann dann wirklich keiner mehr behaupten. Superfair.

Hauen wir nicht immer auf demselben Konzern rum. Schließlich gibt es inzwischen auch andere Schlingel, die alles sogar noch gratis an alle verteilen. Das ist nicht kostenlos, aber hey: Ohne einen müden Penny in der Tasche können alle 70.000 von vorhin gratis nachschauen, wo es das beste Essen gäbe, wenn man es bezahlen könnte. Die ganze Sahelzone jubelt nebenbei bemerkt seit Wochen über dieses Service.

Und Twitter hilft der armen Werbeindustrie, endlich wieder den einen oder anderen Leser zu finden. Einsame Werber, die depressiv mit einem Dackel an der Friedhofsmauer entlang schlendern, sind ein schrecklicher Anblick. Twitter tut was. Sogar Apple hilft alternden Rockbands dabei, wieder zurück auf iPads gebeamt zu werden. Wenn es jetzt noch iPads einfach gratis gäbe, dann wäre das schon mehr als sozial. Aber dahinter steckt doch auch nur ein Gedanke.

Fassen wir zusammen. Nur der Chef selbst darf Afrika helfen. Der Rest verkleidet soziales Engagement in Kurse, Telefone, Landkarten, Werbung und iPads, die manche nicht einmal geschenkt haben wollen. Unbrauchbar. Nur gut, dass die Kunden derzeit mit unfreiwilligen Hilfsaktionen wie "Brot für Bänker" oder "Licht ins Dunkel der Tresore" dem Sozialen einen neuen Sinn abseits der Netzwerke geben. Dann braucht es hier die helfende Hand von IT Firmen nicht.

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(Harald Taglinger)