D: Koalition streitet weiter über Netzsperren
FDP will Kinderpornos löschen lassen, CDU beharrt auf Sperren
In der deutschen Bundesregierung gibt es weiterhin Streit über das Thema Internet-Sperren. Innenminister Thomas de Maiziere sprach sich in der "Tageszeitung" ("taz", Dienstag-Ausgabe) dafür aus, sowohl das Löschen als auch das Sperren von kinderpornografischen Seiten im Netz zu ermöglichen. Dagegen will Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) die Seiten löschen statt sie zu sperren.
Die umstrittenen Internet-Sperren waren noch von der schwarz-roten Vorgängerregierung auf den Weg gebracht worden. Die schwarz-gelbe Koalition hatte dann aber im Koalitionsvertrag vereinbart, dass die Sperrung von kinderpornografischen Websites zunächst für ein Jahr ausgesetzt wird. Stattdessen solle die Polizei versuchen, die Seiten zu löschen. Nach einem Jahr sollen die Erfahrungen ausgewertet werden - die Situation soll dann neu bewertet werden.
FDP pocht auf Löschen
Die Justizministerin erinnerte an die Koalitionsvereinbarung und sagte: "Ich gehe davon aus, dass diese für Liberale zentrale Vereinbarung zwischen Union und FDP nicht aufgekündigt wird, erst recht nicht beiläufig etwa in einem Tageszeitungsinterview", sagte sie am Dienstag. Internet-Sperren seien der politisch falsche Ansatz. "Zugangssperren erwecken den falschen Eindruck, Kinderpornografie sei im Internet nicht mehr vorhanden oder nicht mehr zugänglich."
Ein Sprecher des Justizministeriums widersprach einem Medienbericht vom Wochenende, wonach es bereits einen neuen Gesetzentwurf gebe. Derzeit gingen die Überlegungen noch in alle Richtungen, wie der Grundsatz Löschen statt Sperren umgesetzt werden könne, sagte er. Leutheusser-Schnarrenberger sprach sich dafür aus, vor allem die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Polizei und IT-Branche zügig zu verbessern.
CDU: Löschen und Sperren
De Maiziere sagte hingegen: "Die öffentlich diskutierte angebliche Alternative zwischen Löschen und Sperren von kinderpornografischen Seiten gibt es im Grunde gar nicht. Beides muss möglich sein. Beides wirkt nicht absolut. Insofern wollen und müssen wir noch nachbessern." Der Minister bekräftigte zugleich, dass es in Deutschland keine Zensur geben werde. Die nach dem alten Gesetz vorgesehenen Sperrlisten von Websites wären jedoch geheim gehalten und zentral vom Bundeskriminalamt verwaltet worden. Eine Kontrolle wäre durch den Bundesdatenschutzbeauftragten erfolgt, der diese Funktion aber öffentlich abgelehnt hat. Und Sperren bedeuten einen tiefen Eingriff in das Domain Name System (DNS), das Herzstück des Internets.
Kritiker wie die Bürgerrechtsorganisation AK Zensur und der CCC werfen der Bundesregierung vor, dass mit dem Gesetz eine zentral gesteuerte Infrastruktur für Netzsperren geschaffen werde, die durch ihren verdeckten Charakter auch für Zensurmaßnahmen verwendet werden könne. Zudem wenden sie ein, dass Internet-Sperren und Filter von versierten Nutzern spielend umgangen werden könnten. Die Sperren würden darüber hinaus keinen Missbrauch verhindern, sondern nur den Tätern durch einen einfach möglichen automatisierten Abgleich offener und manipulierter DNS-Server, wobei schnell deutlich wird, ob eine Site gesperrt wird, ihr Treiben erleichtern.
Auch auf EU-Ebene wird derzeit über verpflichtende Websperren gegen Kinderporno-Sites debattiert. Die schwedische EU-Justizkommissarin Cecilia Malmström will diese im Rahmen einer Richtlinie für alle Mitgliedsstaaten verpflichtend machen.
(dpa/futurezone)