D: Kritik an Schweigen der Behörden
Deutschlands oberster Datenschützer Peter Schaar hat scharfe Kritik an den deutschen Behörden geübt. Obwohl diese gesetzlich dazu verpflichtet seien, Bürgern Auskunft zu erteilen, herrsche diesbezüglich in den Amtsstuben eine "routinemäßige Zurückhaltung".
Viele deutsche Bundesbehörden geben demnach den Bürgern nur zögerlich Auskunft, obwohl sie gesetzlich dazu verpflichtet sind. "Ich stelle fest, dass wir weit entfernt sind von einer Kultur der Offenheit", sagte Schaar am Dienstag bei der Vorstellung seines Berichts für die Jahre 2008/2009 in Berlin. In einigen Bereichen der Verwaltung sei das rund vier Jahre alte Gesetz zur Informationsfreiheit gar nicht bekannt. Zudem gebe es eine routinemäßige Zurückhaltung bei der Weitergabe von Informationen.
Das Informationsfreiheitsgesetz ist seit Jänner 2006 in Kraft. Es war noch von der rot-grünen Bundesregierung durchgesetzt worden. Das Gesetz soll jedem Bürger den Zugang zu amtlichen Informationen der Bundesbehörden ermöglichen - auch dann, wenn er persönlich nicht von dem Sachverhalt betroffen ist. Der Daten- und Geheimnisschutz soll aber gewahrt werden. An den Beauftragten können sich Bürger wenden, die ihr Recht auf Behördenauskunft nicht erfüllt sehen.
Strategien der Entmutigung
Schaar sagte, es dränge sich der Eindruck auf, dass manche Behörden es geradezu darauf anlegten, Bürger zu entmutigen, wenn sie Informationen verlangten. Dazu werde das Gesetz dann sehr eng ausgelegt, oder es würden erhebliche Gebühren verlangt. Laut Gesetz können die Behörden maximal 500 Euro erheben. "Wir haben hier noch vieles zu tun. Dieses Umdenken in der Verwaltung, in den Behörden, steht noch aus", bilanzierte Schaar.
Manche Bundesministerien verweigerten den Zugang zu Unterlagen zu Gesetzgebungsverfahren mit der Begründung, es handle sich um "Regierungstätigkeit". Das sei aber vom Gesetz nicht gedeckt, meinte Schaar. Ebenso zögen sich Behörden allzu leicht auf vermeintliche Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zurück.
Vergabeverfahren und Korruption
Ein weiteres großes Streitthema sei der Zugang zu Unterlagen von Vergabeverfahren. Dabei sei gerade hier möglichst große Offenheit nötig, da der Bereich korruptionsanfällig sei.
Schaar plädierte dafür, das Informationsfreiheitsgesetz nach wissenschaftlichen Kriterien bewerten zu lassen, um zu sehen, wo es noch Defizite und Nachbesserungsbedarf gibt. Er hoffe, dass der Bundestag diesen Vorschlag aufgreife, sagte der Beauftragte.
"Zahllose Ausnahmeregelungen"
Er selbst habe keine Handhabe, um Behörden zu zwingen, Informationen herauszurücken. "Wir können gegebenenfalls beanstanden." In etwa 40 Prozent der Fälle gelinge es, dass der Antragsteller seine erbetenen Informationen doch noch bekomme, ohne vor Gericht ziehen zu müssen.
Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, warf der deutschen Regierung und den Behörden vor, nicht ausreichend über das Gesetz zu informieren. "Wir fordern mit allem Nachdruck, mehr für die Bekanntheit und die Chancen dieses Instrumentes zu tun", sagte er.
Der Linken-Politiker Jan Korte forderte, das Gesetz zu überarbeiten und von den "zahllosen Ausnahmeregelungen" zu befreien. Die innenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gisela Piltz, sprach sich ebenfalls dafür aus, das Gesetz durch Unabhängige bewerten zu lassen.
(dpa)