URL-Schmusen mit Facebook
Im Social Web geht es eigentlich nur ums Verteilen von Streicheleinheiten - denn alle wollen nur geliebt werden, und zwar immer, überall und allerorten. Dumm dabei ist nur: Sobald Facebook das begriffen hat, wird es komplett überflüssig.
Keiner mehr hat Facebook lieb. Alle wollen es verlassen. Aber das ist doch gar nicht nötig.
So weit sind wir ja inzwischen schon, dass 20 Prozent der Arbeitnehmer gar nicht mehr antreten würden, wenn man ihnen Facebook sperren würde. Vermutlich hätten nur zehn Prozent davon ein Problem damit, in sauerstoffarmen Kühlhäusern schuften zu müssen. Und die meisten lassen sich ja nach wie vor in Euro bezahlen. Aber was rege ich mich auf. Über Facebook machen das ja bereits andere.
Es tobt ein Schrei durch das Land. Facebook ist böse. Also noch einer, Google und Microsoft reichen einfach nicht mehr als Repräsentanten für all das Böse in der Welt. Die Privatsphäre ist in Gefahr. Zu kompliziert, zu hinterhältig und kommerzorientiert. So sozial ist das Netzwerk gar nicht, wie es tut, auch wenn es jetzt seine Einstellungsorgien vereinfachen will.
Dabei verstehe ich den ganzen Zauber nicht. Wir brauchen doch Facebook gar nicht mehr. Eigentlich brauchen wir nur eine Idee. Und ein Internet. Beides haben wir. Danke schön, denn das geht so:
Dass wir unsere Beiträge kommentiert und gemocht haben wollen, das lässt sich doch bequem außerhalb Facebooks erledigen. Zum Beispiel hier. Oder hier.
Und wenn im Moment schon jeder zweite Vielflieger mit diesem überflüssigen Spieldings klarmacht, wo er gerade schlechten Kaffee verschüttet, dann kann man wohl verlangen, in Facebook lesen zu können, wer sich wo im Internet aufhält, und zwar URL-genau.
Stündlich erwarten wir die erste Applikation mit dem Namen "MySurfStatus" vom Provider unseres Vertrauens. Notfalls auch von einem Süßgetränkehersteller. Notfalls auch auf den eigenen Seiten des Social Networks.
Dann wissen unsere Freunde: "Aha, da treibt sich der Kerl gerade herum. Da muss ich ihn mögen und kommentieren." Und sie verlassen Facebook mit nur einem Mausklick. Und sind an anderer Stelle öffentlich. Das ärgert die Firmenzentrale von Mark Zuckerberg, und Data Sales steht ein wenig ideenlos da und stellt fest, dass man Werbekunden eigentlich nichts mehr außer einem "bin im Beisl" verkaufen kann. Die Wertschöpfung wird gigantisch sein.
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(Harald Taglinger)