Fekter wettert gegen SIS-II-Verzögerungen
Anlässlich des EU-Innenministerrats in Luxemburg hat Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) ihre Kritik an der EU-Kommission und den Verzögerungen rund um die EU-Polizeidatenbank SIS II erneuert. SIS II soll nun frühestens 2013 starten, gab die EU-Kommission bekannt. Die Zahl der Kritiker steigt.
Fekter warf der EU-Kommission vor dem Beginn des Rats am Donnerstag eine "unseriöse Beschwichtigungsmaschinerie" vor, die "unerträglich" sei. Das neuerliche Hinausschieben des Meilensteintests II, der ursprünglich noch für heuer geplant war, auf nunmehr 2012 sei "ganz negativ". Es habe allerdings "Gott sei Dank das EU-Parlament bereits reagiert und für 2011 die Gelder einmal gestrichen, also in die Reserve gegeben, womit sie nicht ausbezahlt werden dürfen".
Seit Jahren ringt die EU um eine neue Datenaustauschplattform für alle Polizeibehörden in ihren Mitgliedsstaaten. Das derzeitige System umfasst rund elf Millionen Einträge. Erfasst werden zum Beispiel Daten von Personen, die per Haftbefehl gesucht werden, sowie Kennzeichen von gestohlenen Fahrzeugen.
Die EU-Kommission informierte die EU-Innenminister beim Rat, dass das Schengener Informationssystem SIS II nun frühestens 2013 starten wird. Eigentlich war 2007 für das um biometrische Daten wie Fingerabdrücke erweiterte und mit anderen Datenbanken stärker vernetzte System als Starttermin vorgesehen. Wie teuer das System, das bei Tests mehrfach abgestürzt ist, am Ende sein wird, bleibt offen. Erst im Oktober will die Kommission Budgetpläne vorlegen.
Kritik auch von anderen Staaten
Laut dem deutschen Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) belaufen sich die bisherigen Kosten laut dem aktuellen Haushaltsansatz der Kommission au mittlerweile 143 Millionen Euro, das Zehnfache der ursprünglichen Summe. "Wir sehen mit Sorge, dass das System nicht nur später kommt, sondern auch teurer wird", erklärte de Maiziere. Die Kommission spricht dagegen öffentlich von 55 Millionen Euro Entwicklungskosten.
Auch andere Staaten, wie Frankreich, Slowenien und die Niederlande äußerten sich kritisch über den Zustand und die Zukunft von SIS II. Laut Fekter hat es "keine einzige positive Stimme" im Rat gegeben. "Mein Vertrauen ist sehr gering, dass sich die Situation verbessert" und die "Stimmungslage im Rat war sehr gedrückt", so Fekter.
"Niemand zieht die Reißleine"
Fekter äußerte sich auch kritisch über die Experten der Kommission: "Niemand zieht die Reißleine oder bringt die betreffenden Unternehmen dazu, endlich einmal Ergebnisse auf den Tisch zu legen. Das wäre in einem Unternehmen undenkbar". Die Mehrheit der EU-Staaten sei allerdings der Meinung, man habe schon so viel Geld hineingesteckt, und deshalb solle noch ein bisschen weiter daran gearbeitet werden.
Diese Galgenfrist nütze die Kommission nun "unverschämt" aus, und habe statt einem verbindlichen Plan ein "eineinhalbseitiges Briefchen vorgelegt, wo sie eben mitteilt, dass man keine Details sagen kann". Ohne die mit der Durchführung des Systems beauftragten Unternehmen Hewlett-Packard und Steria namentlich zu nennen, könne es nicht sein, dass das "Wünsch Dir Was derer, die Geld kassieren" weitergehe, erklärte Fekter.
Positiv sei, dass das EU-Parlament nun den Rechnungshof eingeschaltet habe, meinte die Innenministerin. Ein Ausstieg ist nach Worten von Diplomaten wegen der hohen Kosten aber kein Thema. Deutschland will nun dafür werben, dass das bestehende Computersystem SIS I ausgebaut wird.
"90 Millionen Euro verpulvert"
Vorwürfe, wonach das Österreichische Computersystem zwar stabil, aber veraltet und nicht so flexibel sei, wies Fekter vor dem Rat zurück. "Wir haben in Österreich ein rundum mit unseren Nachbarländern funktionierendes System, das ausgesprochen stabil ist, und wir haben es weiterentwickelt und wir wissen, was wir brauchen".
Es stelle sich vielmehr die Frage, "warum sollen wir ein schlechteres System pro futuro akzeptieren". Es sei eine Tatsache, dass bisher "90 Millionen Euro verpulvert wurden". Dies müsse man sich im Detail anschauen. "Bedauerlicherweise können wir als Minister nicht OLAF, die Anti-Korruptionsbehörde, einschalten, weil das ein Instrument der Kommission ist."
(APA/dpa)