E-Wirtschaft: "Intelligente" Stromzähler zu teuer
Eine flächendeckende Einführung von "intelligenten" Stromzählern ("Smart Meter") in Österreich ergibt laut dem E-Wirtschaftsverband Oesterreichs Energie angesichts von 2,4 Milliarden Euro Mehrkosten wirtschaftlich derzeit keinen Sinn. Auch der Datenschutz müsste noch geklärt werden.
Die Kosten für den Roll-out und den Betrieb von 2013 bis 2028 würden im Vergleich zum Beibehalten der bisherigen Stromzähler rund 2,53 Mrd. Euro betragen, geht aus einer Studie des Consulters Capgemini im Auftrag von Oesterreichs Energie (vormals "Verband der Elektrizitätsunternehmen Österreichs") hervor, die am Montagabend bei einem Hintergrundgespräch vorgestellt wurde.
127 Millionen Euro Einsparungen möglich
Von den Gesamtkosten entfallen demnach rund 1,9 Milliarden Euro auf die Investitionen und rund 630 Millionen Euro auf laufende Kosten. Demgegenüber errechnete Capgemini-Experte Michael Trampert einen Nutzen für die Netzbetreiber und Kunden von rund 127 Millionen Euro. Darunter fallen im Wesentlichen Einsparungen bei Personalkosten, da die neuen Geräte automatisch abgelesen werden können und somit Ableser eingespart würden.
Somit ergäben sich gesamtwirtschaftliche Mehrkosten von 2,4 Milliarden Euro, die die Netzbetreiber nicht tragen können und wollen, hieß es seitens des Interessenverbandes. Für die "intelligenten" Stromzähler wurden Angebote eingeholt und der Stückpreis mit rund 110 Euro angesetzt, so Trampert.
Kunden nicht überzeugt
Umfragen in Deutschland hätten gezeigt, dass die Kunden kaum bereit seien, die marktüblichen Preise für die Geräte zu bezahlen, und sie von der Kosten-Nutzen-Relation auch nicht überzeugt seien. Die von Capgemini errechnete Einsparung für den Stromkunden bei einer durchschnittlichen Jahresrechnung von 650 Euro beträgt zwölf Euro in Österreich.
Dabei wurde angenommen, dass ein Fünftel der Verbraucher ein Reduktionspotenzial von fünf Prozent hat, 40 Prozent als Mitläufer ein Sparpotenzial von zwei Prozent haben und 40 Prozent uninteressiert seien und daher auch kein Einsparungspotenzial hätten.
Warnung vor zentraler Zählpunktdatei
Die E-Wirtschaft führe bereits seit einem Jahr Gespräche mit der Regulierungsbehörde E-Control, meinte Reinhard Brehmer, Sprecher der Sparte Netze von Oesterreich Energie. Es sei wichtig, eine Grundsatzentscheidung über die Funktionalität der "Smart Meter" mit dem Regulator zu treffen, erst danach wären substanzielle Pilotprojekte sinnvoll. Gleichzeitig verwies er gemeinsam mit dem Rechtsanwalt Rainer Knyrim von der Wiener Wirtschaftskanzlei Preslmayr auf die Datenschutzproblematik, die gelöst werde müsste.
Man solle aus den Erfahrungen in den Niederlanden lernen, die einen fertigen Gesetzesentwurf bereits zum zweiten Mal auf Eis gelegt haben, ergänzte Knyrim, der dazu ein Rechtsgutachten verfasst hat. Knyrim rät von der Schaffung einer zentralen Zählpunktdatei ab, da das ein weiterer Schritt in Richtung eines gläsernen Bürgers bedeute. Es gehe neben dem Datenschutz der Kunden auch um nationale Sicherheitsaspekte, da etwa durch Attacken von Hackern unter Umständen ganze Landesteil von der Stromversorgung abgeschnitten werden könnten.
Regulator will keine Mehrkosten für Kunden
Der Energieregulator E-Control sieht in den "Smart Meters" vor allem Vorteile für die Netzbetreiber, die mit den intelligenten Stromzählern ihre Geschäftsprozesse optimieren und fünf bis zehn Prozent der Gesamtbetriebskosten reduzieren könnten. Die Umrüstung dürfte für die Kunden keine erkennbaren Mehrkosten bringen, fordert E-Control-Chef Walter Boltz. Die Gesamtkosten für die Energiebranche schätzt er auf rund eine Milliarde Euro, die seiner Meinung nach aus den Zählergebühren finanziert werden müssten.
Die EU hat das Ziel formuliert, bis zum Jahr 2020 vier Fünftel der Haushalte aus Klimaschutzgründen mit "Smart Meters" auszustatten. Es gebe kein einheitliches "Smart Meter"-System, das in Europa flächendeckend in Betrieb sei, betonte die E-Wirtschaft. Sie fordert einen Projektstart erst nach der Klärung der Investitionsabgeltung, der allerdings ohne Zeitdruck erfolgen solle. Außerdem sollten sinnvolle Datenstandards formuliert werden, damit es im Gesetzgebungsprozess zu keinen bösen Überraschungen komme.
(APA)