SWIFT-Abkommen: EU-Parlament beunruhigt
Angesichts erster durchgesickerter Details aus den Verhandlungen über das SWIFT-Abkommen zeigen sich EU-Parlamentarier beunruhigt. ÖVP-Delegationsleiter Ernst Strasser will die offizielle Übermittlung des Entwurfs von der Kommission an das Parlament abwarten. Er bekräftigt, dass die Zustimmung der Volksvertretung davon abhänge, dass sich der ausgehandelte Text an die Vorgaben des Parlaments hält. Auch von der SPÖ kommt scharfe Kritik.
Der Entwurf des umstrittenen Bankdaten-Abkommens, das die EU-Kommission mit den USA ausgehandelt hat, ist noch nicht in seiner endgültigen Fassung an das EU-Parlament übermittelt. Durchgesickerte Details des Abkommens sorgen aber bereits bei den Abgeordneten in Brüssel für Unmut.
Führende Parlamentarier aus mehreren Fraktionen drohten nach der Lektüre des Textes damit, den Vertrag wie bereits im Februar scheitern zu lassen. Das Europaparlament muss dem SWIFT-Abkommen, das US-Fahndern im Kampf gegen den Terrorismus Zugriff auf die Daten europäischer Bankkunden geben soll, zustimmen.
Mehr Datenschutz gefordert
"Die Gefahr besteht, dass das EU-Parlament ein zweites Mal Nein sagen wird", sagte der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Alexander Alvaro, am Dienstag auf Anfrage. Die USA müssten verbindliche Zusagen zum Datenschutz machen. "In der Substanz des Abkommens hat sich nur wenig geändert", kritisierte auch der Grünen-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht.
Auch aus den großen Fraktionen des Parlaments, von Sozialisten und Christdemokraten, kam Kritik. Sie richtet sich vor allem gegen die lange Speicherfrist der Daten von fünf Jahren sowie dagegen, größere Pakete von Daten ohne Einzelfallprüfung weiterzugeben. Auch das geforderte Klagerecht für betroffene Bürger geht den Parlamentariern nicht weit genug.
Prüfung im Detail
"Die Verhandlungen sind noch nicht beendet", so Ernst Strasser, ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament und Unterhändler der Volksvertretung in Sachen SWIFT-Abkommen am Dienstag gegenüber ORF.at. "Tatsächlich kommen beunruhigende Informationen aus Verhandlerkreisen zu uns." Eine endgültige Stellungnahme will Strasser aber erst geben, wenn der Text vorliege und im Detail geprüft sei, das sei laut Zeitplan für das letzte Juni-Drittel geplant.
Bisher habe sich die Kommission an den Zeitplan gehalten, so dass der Text im Juli im Plenum behandelt werden könne. "Qualität geht mir auf jeden Fall vor Geschwindigkeit", so Strasser. "Mir ist es lieber, es wird noch eine Verhandlungsrunde eingeschoben als dass ein drittbester Abkommenstext akzeptiert wird." Das Parlament hatte im Februar dieses Jahres das Interimsabkommen zwischen EU und USA wegen mangelnder Daten- und Rechtsschutzvorkehrungen zu Fall gebracht. Messlatte für das Abkommen sei nach wie vor die Resolution des EU-Parlaments zum SWIFT-Abkommen vom September 2009, so Strasser.
SPÖ: "Gravierende Mängel"
SPÖ-Delegationsleiter Jörg Leichtfried zufolge habe der bisher vorliegende Entwurf "gravierende Mängel hinsichtlich der Datensicherheit". "Es scheint, dass weder die Kommission noch der Rat begriffen haben, dass das Europäische Parlament hinsichtlich eines ausreichenden Datenschutzes zu keinerlei Kompromissen bereit ist", so Leichtfried in einer Aussendung vom Dienstag.
Auch Leichtfried droht Kommission und Rat damit, die Zustimmung zu verweigern, falls das Abkommen nicht den Vorstellungen des Parlaments entspräche.
EU-Parlament fordert Rechtsschutz
Die Resolution des Parlaments sieht unter anderem vor, dass die Daten nur in begründeten Fällen auf richterlichen Beschluss hin im Push-Verfahren an die US-Behörden übermittelt werden und nicht mehr einfach von diesen "abgesaugt" werden dürfen. Weiters sollen die übermittelten Daten den gleichen Rechtsmittelverfahren unterliegen wie innerhalb der Europäischen Union gespeicherte Daten, einschließlich Schadenersatz im Fall einer rechtswidrigen Verarbeitung personenbezogener Daten. Auch die Übermittlung der Daten an Dritte, also an Behörden, die nicht direkt mit der Terrorbekämpfung zu tun haben, soll untersagt bleiben. Außerdem sollen die US-Behörden auch US-Finanztransaktionsdaten auf Wunsch der EU-Behörden an diese übermitteln.
Das Abkommen soll amerikanischen Geheimdiensten im Kampf gegen Terroristen erlauben, Daten von europäischen Bankkunden zu prüfen. Dabei geht es um Name, Adresse, Empfänger und Höhe der Überweisung. Das gilt aber nur für den Fall, dass ein Kunde Geld in Länder außerhalb der EU überweist. Die US-Behörden wollen auf diese Weise Geldtransfers von Terroristen aufdecken.
(dpa/futurezone)