© ORF.at/Roland Winkler, Die E-Card in der Hand eines Patienten

Streit über Signaturgesetz-Novelle geht weiter

E-GOVERNMENT
09.06.2010

Eine Novelle des Signaturgesetzes soll es dem Bund ermöglichen, bei Ausfall aller privaten Anbieter von Zertifizierungsdiensten eine eigene Notfalllösung zu betreiben. Während der Zertifizierungsdiensteanbieter A-Trust Berichte zurückweist, nach denen er sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinde, sieht ARGE-Daten-Chef Hans Zeger in der Novelle eine Wettbewerbsverzerrung seitens der Regierung.

"Man muss sich um A-Trust nicht die geringsten Sorgen machen", so Michael Butz, Geschäftsführer des Zertifizierungsanbieters, am Mittwoch auf Anfrage von ORF.at. "Wir sind überm Berg und brauchen keine Zuschüsse von den Gesellschaftern mehr. Derzeit operieren wir am Rand der schwarzen Null."

Am Dienstag hatte die APA unter Berufung auf ein internes Papier berichtet, dass sich A-Trust als derzeit einziger akkreditierter Zertifizierungsdiensteanbieter "in wirtschaftlichen Schwierigkeiten" befinde. Die Regierung hat das Signaturgesetz um Passagen ergänzt, die es dem Staat erlauben würden, einen eigenen Back-up-Zertifizierungsdienst anzubieten, der diese wichtige Dienstleistung in dem Fall weiterführen soll, dass alle kommerziellen Anbieter ausfallen.

Außerdem sollen die qualifizierten Zertifikate, die in Verwendung sind, nur dann widerrufen werden dürfen, wenn deren Weiterführung nicht im öffentlichen Interesse liege, wie es im Entwurf der Novelle heißt. Wenn es keinen Zertifizierungsdienst gibt, ist der Betrieb wichtiger E-Government-Lösungen nicht möglich, weil keine rechtsgültigen digitalen Unterschriften geleistet werden können.

Mobil-TAN zur Authentifizierung

Butz räumt ein, dass das Unternehmen eine harte Zeit hinter sich habe. "Wir haben die Krise von vor vier Jahren aber überwunden, und die Wirtschaftskammer hat erst im Dezember ihre Anteile an A-Trust aufgestockt. Das würden die nicht machen, wenn sie kein Vertrauen in uns hätten", so Butz. Derzeit generiere A-Trust rund drei Millionen Euro Umsatz im Jahr.

A-Trust wachse derzeit mit seinen Sicherheitsprodukten für geschlossene Nutzergruppen, beispielsweise mit ID-Kartenlösungen für Unternehmen und mit den Zertifikaten für Berufsgruppen wie Notare und Anwälte. Der mangelnden Akzeptanz der Bürgerkarte im breiten Publikum wollen A-Trust und staatliche Stellen mit dem Ende 2009 eingeführten Handy-TAN-System entgegensteuern, bei dem sich die Nutzer auch über ihren Account bei Finanz Online registrieren können.

Die in den Erläuterungen zur Gesetzesnovelle erwähnte Summen von rund 500.000 Euro für Anschubinvestitionen zum Betrieb der regierungseigenen Zertifizierungsstelle sowie die 170.000 Euro Personalkosten pro Jahr wollte Butz nicht kommentieren. Zum Vorwurf, A-Trust werde massiv durch rechtliche Maßnahmen und Vorauszahlungen vom Staat gestützt, sagte Butz: "Das ist falsch. Der Staat kauft die Zertifikate, weil er E-Government einsetzen will." Das sei eine politische Entscheidung. Bei der Gesetzesnovelle gehe es um eine "nach außen sichtbare Absicherung" und um den Aufbau einer Notinfrastruktur.

Kritik seitens der ARGE Daten

ARGE-Daten-Obmann Zeger, der selbst einen Zertifizierungsdienst betreibt, griff in einer Aussendung vom Mittwoch die Regierung scharf an. Die Gesetzesnovelle sei ein "überflüssiger und teurer Staatseingriff zur 'Rettung' der A-Trust" und eine "EU-widrige Wettbewerbsverzerrung", das Signaturgesetz sehe vor, dass bei Einstellung eines Dienstes ein vergleichbarer privater Anbieter diesen weiterführe. Zeger droht indirekt mit einer Klage gegen die Republik wegen Wettbewerbsverzerrung.

Die staatliche Back-up-Zertifizierungsstelle soll laut dem neuen Gesetzestext nur dann aktiviert werden, wenn es überhaupt keinen privaten Zertifizierungsdiensteanbieter mehr gebe. In Paragraf zwölf heißt es: "Sofern die gültigen Zertifikate, die im öffentlichen Interesse weitergeführt werden, nicht von einem anderen ZDA übernommen werden, hat der Bund für deren Weiterführung Sorge zu tragen."

Zegers Zertifizierungsstelle A-CERT sei im Fall einer Einstellung von A-Trust "zur Weiterführung des Dienstes jederzeit bereit", so der ARGE-Daten-Obmann, man decke rund zwei Drittel des elektronischen Rechnungsverkehrs mit den eigenen Diensten ab. Zeger fordert von der Bundesregierung eine Änderung der E-Government-Strategie, das Bürgerkartenkonzept sieht er als gescheitert an.

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(futurezone/Günter Hack)