Medienprotest in Italien gegen Abhörgesetz
Streik und Klage bei Menschenrechtsgericht
In Italien häufen sich Proteste gegen das Gesetz zur Einschränkung von Medienberichten über Abhörmaßnahmen der Justiz, das am Donnerstag im Senat verabschiedet wurde. Nachdem die Journalisten für 9. Juli einen landesweiten Streik ausgerufen haben, plant die TV-Gruppe Sky des australischen Medienfürsten Rupert Murdoch, eine Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) einzureichen.
Landesweite Protestaktionen
Das Gesetz, das hohe Strafen für Medien und Journalisten vorsieht, die Abschriften mitgeschnittener Gespräche veröffentlichen, beeinträchtige ein fundamentales Prinzip der Demokratie, die Medienfreiheit und das Informationsrecht, erklärte der Chefredakteur der Sky-Nachrichten, Emilio Carelli, laut Berichten italienischer Medien.
Die Journalistengewerkschaft FNSI rief zu Protestaktionen auf. Einige Zeitungen erschienen mit schwarzen Rändern als Zeichen der Trauer über den Angriff auf die Medienfreiheit. Italiens Ex-Premierminister Romano Prodi warnte vor schweren Einschnitten in Italiens Informationsrecht. "Ich bin sehr besorgt. Man versucht, das Land zu kontrollieren. Darunter leidet die Demokratie", sagte Prodi, Vorgänger von Regierungschef Silvio Berlusconi, in einem am Samstag veröffentlichten Interview mit der Tageszeitung "La Repubblica".
Heftige Diskussionen seit Monaten
Über den Gesetzesentwurf mit strengen Vorschriften für Telefonüberwachungen wird seit Monaten heftig gestritten. Die Opposition drohte mit Widerstand in der Abgeordnetenkammer, in der das umstrittene Abhörgesetz noch verabschiedet werden muss. Sie appellierte an Staatschef Giorgio Napolitano, das Gesetz nicht zu unterzeichnen, sollte es in der Abgeordnetenkammer durchkommen.
Der Richterverband ANM warnte vor den Auswirkungen des Gesetzes auf die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und der Polizei. "Neben der eingeschränkten Medienfreiheit, die Journalisten nicht mehr gestattet, frei über die Untersuchungen zu informieren, wird mit dem Gesetz ein wichtiges Mittel zur Bekämpfung der Kriminalität wegfallen", sagte ANM-Präsident Luca Palamara.
EU-Kommission beobachtet Lage
Justizminister Angelino Alfano verteidigte das Abhörgesetz gegen die heftige Kritik der Zeitungsverleger, Journalisten und Richter. "Wir haben ein ausgewogenes Gesetz verabschiedet, das die Bürger schätzen werden. Niemand wird künftig noch Lauschangriffe missbrauchen und somit illegal in die Privatsphäre der Bürger eindringen können", meinte Alfano.
Das Gesetz verbinde das Recht der Bürger auf Schutz der Privatsphäre mit der Pflicht der Staatsanwälte, ihre Ermittlungen zu führen. Diese Ansicht teilt auch Kulturminister Sandro Bondi. Er kritisierte die "wilde Kampagne gegen ein Gesetz, das die fundamentalen Prinzipien eines liberalen Systems verteidigt und im ganzen demokratischen Westen akzeptiert wird".
Der Streit über das Abhörgesetz wird auch von der EU-Kommission beobachtet. "Wir kommentieren Gesetzesentwürfe nicht, die noch vom Parlament diskutiert werden müssen. Wir beobachten jedoch jegliche Situation, die Probleme bereiten könnte", sagte ein Sprecher der EU-Kommission.
(APA)