© AP/Heather Ainsworth, Predator

Fliegende Kampfroboter an Mexikos Grenze

ANALYSE
21.06.2010

Der teure Hightech-Einsatz des US-Heimatschutzes an der Grenze zu Mexiko ist weitgehend gescheitert. Das offenbart ein Bericht des US-Rechnungshofs. Militärische Predator-Kampfdrohnen sollen für nicht einsatzfähige Überwachungssysteme im Nahbereich der Grenze in die Bresche springen - mit zweifelhaften Erfolgsaussichten.

Seit gut zwei Wochen sind Teile des Luftraums der USA für unbemannte Luftfahrzeuge freigegeben. Drei Stück der Kampfroboter mit Jetantrieb vom Typ Predator-B patrouillieren nun zwischen Texas und Arizona, zwei weitere sollen die Nordgrenze der USA überwachen.

Die Maschinen gehören zwar dem US-Ministerium für Heimatschutz, der Einsatz aber folgt einem militärischen Muster - jenem der Grenzpatrouillen durch Predator-Drohnen zwischen Pakistan und Afghanistan.

Dazu beorderte Präsident Barack Obama 1.400 Mann der Nationalgarde zur Unterstützung der Heimatschützer an die Grenzen. Der Grund für diesen Einsatz militärischer Mittel zum "Schutz" der USA vor unbewaffneten Arbeitsmigranten ist das offensichtliche Versagen von SBInet, dem Netz des US-Ministeriums für Heimatschutz.

SBInet und das virtuelle Glacis

Ebenfalls nach militärischem Muster sollte es das "Glacis" ausleuchten, als vorgelagerter "virtueller Zaun" aus vernetzten Sensoren vor dem tatsächlichen Grenzzaun zwischen den USA und Mexiko.

Vier Jahre nach dem Start wurden im Rahmen der "Secure Border Initiative" 4,4 Milliarden Dollar ausgegeben, von Predator-Drohnen bis zu vernetzen Kamerasensoren mit Laser-Entfernungsmessung wurde offenbar alles geordert, was technisch modern anmutete, wobei die Kosten eine untergeordnete Rolle spielten.

Zwei aktuelle Berichte des US-Rechnungshofs zeigen, wie vorgegangen wurde. In großen Mengen und für teures Geld wurde vom Heimatschutzministerium ungeeignetes Equipment bestellt, dazu kamen Sepezifikationen für Produkte in das Pflichtenheft, die bis heute nicht erhältlich sind.

Bereits 2007 hatte SBInet von der Regierung George W. Bush 146,2 Millionen Dollar zusätzlich für die Weiterentwicklung biometrischer Identifikationssysteme und deren Anschluss an die Systeme des FBI und anderer Behörden erhalten. Die damals budgetierten Gesamtkosten betrugen eine Milliarde Dollar.

Mangelnde Fernsicht

Fix eingeplant in das Design von SBInet ist - auch wieder nach Muster der Militärs - ein Netzwerk von Sensoren, zumeist Infrarot- und Tageslichtkameras, aber auch Laser-Entfernungsmesser und Geräuschsensoren. Während die Militärs diese Sensornetze ständig entlang ihrer Bedürfnisse fortentwickeln - etwa mit Allbandscannern, die feindliche Funksignale im Nahfeld lokalisieren und Infrarotkameras steuern -, wollten die Heimatschützer etwas anderes.

Ein Laser-Entfernungsmesser sollte den Zoom einer Tageslichtkamera über zehn Kilometer Entfernung so einstellen, dass aus der Datemenge herausgerechnet wird, ob unter den erfassten Objekten eines als Mensch identifiziert werden kann. Leider beherrschte das die Technik nicht.

Zehn Kilometer waren die Schwelle, unter der das Früherkennungssystem an Effizienz verlieren würde, heißt es im Rechnungshofbericht, die Kameras könnten bis maximal fünf Kilometer den Anforderungen entsprechen, die Lasersensoren könnten sie aber nur bis in maximal zwei Kilometer Entfernung steuern.

Das militärische C3I-System

Die C3I-Systeme (command, control, communications, intelligence), also die Gefechtsfeldzentralen, sind nun einmal für den militärischen Betrieb entwickelt worden, und der läuft in den einzelnen Komponenten eben völlig anders ab als der zivile Grenzschutz.

Für die Militärs sind C3Is in erster Linie dazu da, Funksignale im Gefechtsfeld zu lokalisieren und es mit einer Anzahl verschiedener anderer Sensoren abzutasten, um Feindbewegungen früh zu erkennen. Das Netzwerk des Heimatschutzministeriums aber soll mit ganz ähnlichen Mitteln und weitgehend automatisiert ein riesiges Gebiet über Tausende Kilometer hinweg absichern.

Hunter/Killer

Die bereits im Einsatz befindlichen Predator-Drohnen sind, wie der Name sagt, Jetroboter für Missionen vom Typus "Hunter/Killer", die auch für taktische Aufklärung im mittleren Bereich bei Missionen bis zu 7200 Metern geeignet sind. Allerdings zu bedeutenden Kosten: Für einen 24-stündigen Einsatz werden mehr als fünfzig Personen benötigt. Die Crews, je ein Pilot und zwei Sensoroperatoren, wechseln ständig.

Serie zum Thema Drohnen

Mit diesem Drohnentypus, der über Infrarot- und andere Kamerasensoren verfügt, ist es möglich, Momentaufnahmen von der Grenze anzufertigen, die Gestalten zeigen, die sich der Grenze nähern. Im besten Fall kann man damit "Hot Spots" identifizieren, im operativen Einsatz an der Grenze ist dieses Vorgehen nicht sinnvoll.

An solchen Problemen gibt es nicht eines, sondern viele. Denn in vielen Punkten erneuert der GAO-Bericht vom Mai seine vernichtende Kritik von 2008 am gesamten Projekt. Von 1.300 mangelhaft umgesetzten Punkten sind bis dato noch Hunderte unerledigt - und das, obwohl erst ein kleiner Teil der US-Landgrenzen solchermaßen "abgesichert" sind.

Dokumente

Das Ministerium soll die Investition in ein Programm mit neuen Technologien noch einmal überdenken, ist die Kernaussage der GAO-Reports.

-Der ursprüngliche Report vom Mai

-Das Zusatzdokument

Nach dem Bericht des Rechnungshofs von 2008, der die "Secure Border Initiative" bereits damals mit "at risk" eingestuft hatte - dem schlechtesten Rating, das vergeben wird - wurden die Ratings gesenkt. Wie ein "Junk-Bond" wurde das Gesamtprojekt abgewertet, es wurden nachträglich die Anforderungen für die wichtigsten drei Systemparameter heruntergefahren.

Die geforderte Mindestverfügbarkeit des Systems sank von 95 auf 85 Prozent, die zulässigen Fehlertoleranz sowohl beim Entdecken wie beim Identifizieren von "Items of Interest", also von Autos oder Menschen, versechsfachte sich von fünf auf 30 Prozent.

(futurezone/Erich Moechel)