Warum die Pixel eckig sind
Schuld ist eigentlich ein Baby. Denn das war auf dem ersten Digitalbild der Welt zu sehen. Seitdem hat sich einiges getan. Aber das Pixel bleibt weiterhin eckig.
Es gibt Ideen, die sind so einfach und erfolgreich, dass man sie nicht infrage stellen will. Da geht zum Beispiel einer her und denkt sich: "Hm, wenn ich jetzt ein Viereck nehme und es 176 mal 176 wiederhole, vielleicht in unterschiedlichen Helligkeitsstufen, aber wenn ich das mache, dann kann man darauf vielleicht mein Kind sehen."
Das ist so genial. Darauf muss man erst einmal kommen. Von einem Viereck hätte ich höchstens auf meine etwas korpulente Tante Anita geschlossen. Aber er dachte eben an sein Baby. Und heraus kam dieses Foto da, 176 mal 176 Pixel groß. Vielleicht wirkt das auf den ersten Blick nicht besonders spannend. Weil wir inzwischen ein paar Pixel in unserem Leben gesehen haben. Aber damals, 1957, war das schon ein Ding.
Und wie jede spannende Erfindung ist sie da erfolgreich, wo wir es nicht zugestehen wollen. Ein nettes Filmchen erinnert uns noch einmal daran, dass 25 Prozent aller Suchanfragen im Web vermutlich pornografischer Natur sind und 35 Prozent aller Downloads aus nackten Tatsachen bestehen. Und vermutlich handelt es sich da ja vor allem um Bilder. Und die bestehen aus ... na? Oh Baby, genau: aus Pixeln.
Vor ein paar Jahrhunderten galt es noch als chic, die Welt als eine Scheibe anzusehen. Und nach einer kurzen Zwischenzeit können wir getrost davon ausgehen, dass sie pixelförmig ist. Das Pixel erobert die Welt. Nur sieht man es immer weniger, weil es immer kleiner wird und nun ganz dem Auge entschwindet. Das ist okay. Vermutlich ist Gott viereckig und hat mit der Dreifaltigkeit nur Gerüchte in die Welt gesetzt.
Nicht auszumalen, wenn der besagte Herr sein Baby angeschaut hätte und dann auf die Idee verfallen wäre, alles in Punkten darzustellen. Zum einen ist das nicht neu, die Idee mit den Pixeln war es aber schon. Zum anderen hätten die Nachfahren von Seurat einen Prozess mit allen Herstellern von Kameras angestrengt. Und dann eine Heidengeld für die Idee mit der orphischen Mischung mittels Punkte abgezockt. So gesehen sind wir ja froh, dass alles beim Pixel bleibt, die Welt in ihren vier Ecken darstellbar und Gott vermutlich tot ist.
Knips.
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(Harald Taglinger)