Online-Postfach: Alternative zum Brief
Die Österreichische Post befördert im Jahr über eine Milliarde Briefe. Ein sehr kleiner Teil davon wird bereits auf elektronischem Wege zugestellt. Elektronisch zugestellte Dokumente sind, wie herkömmliche E-Mails, schneller als der "alte" Brief, und sie sind rechtsverbindlich. Das spart Unternehmen, Behörden und Privatnutzern nicht nur Zeit, sondern auch Geld und Papier.
Die Deutsche Post startete am Mittwoch ein eigenes Portal für die elektronische Zustellung. "Mit dem E-Postbrief machen wir unser erfolgreichstes Produkt, den Brief, noch besser. Es bleibt ein Brief, aber er wird noch schneller", erklärte Postvorstand Jürgen Gerdes bei der Präsentation.
Ein E-Postbrief kostet in Deutschland genau wie der herkömmliche Brief 55 Cent. Nutzer können wählen, ob ihr Brief elektronisch an ein anderes E-Postbrief-Konto zugestellt wird oder von der Deutschen Post ausgedruckt und per Briefträger zugestellt wird. Dabei bleibt der Preis der gleiche. Zusatzleistungen wie Einschreiben werden extra berechnet.
Drei aktive Anbieter in Österreich
Mittlerweile drei Anbieter gibt es in Österreich für den papierlosen gesicherten Versand elektronischer Dokumente. Während das Bundesrechenzentrum (BRZ) und die Post ihren Fokus auf die Zustellung behördlicher Schriftstücke legen, richtet sich der erste private Anbieter postserver.at vor allem an Unternehmensnutzer.
Bei allen Anbietern erfolgt die Verständigung über den Erhalt eines Schriftstücks per E-Mail. Das Dokument selbst wird aber in einem sicheren Online-"Postfach" verwahrt, für den Zugriff darauf muss sich der Nutzer gegenüber dem System authentifizieren. Bei BRZ und Post ist dafür die Bürgerkarte erforderlich, die aber in Österreich mit rund 75.000 privaten Nutzern bei Endanwendern eher ein Nischendasein fristet.
Meinbrief.at mit 5.000 Nutzern
"Meinbrief.at ist wie ein elektronischer Postkasten mit gesicherter Zustellung und entspricht allen eGovernment-Kriterien", erklärt Mirjam Teicht, zweite Geschäftsführerin des zuletzt zur Gänze von der Raiffeisen Informatik übernommenen Zahlungsdienstleister EBPP (meinbrief.at) im Gespräch mit ORF.at. Interessierte Nutzer können sich mit ihrer Bürgerkarte registrieren und erhalten ein Postfach. Bei Erhalt einer Sendung wird der Nutzer per E-Mail verständigt und kann sich das Dokument vom Server herunterladen. Nach Wunsch kann der Brief parallel auch in Papierform übermittelt werden.
Bei behördlichen Schriftstücken wird der Empfänger zweimal per E-Mail verständigt. Wird die Sendung innerhalb weiterer 24 Stunden nicht abgeholt, erhält er eine postalische "gelbe" Verständigungskarte. Die Zustellung ist für den Empfänger kostenlos. Im Privatbereich eignet sich der elektronische Zustelldienst etwa für Verträge, Kündigungen und Kostenvoranschläge. Ein Einschreiben kostet dabei 92 Cent, die eigenhändig zugestellte Variante 1,16 Euro.
Laut Teicht hat meinbrief.at derzeit rund 5.000 aktive Nutzer. Wie viele Briefe versandt werden, sagte sie nicht. Wer sich aber für das Service registriere, nütze es in der Regel häufig. Das schon öfter angekündigte Online-Postamt komme schrittweise. So könnten bereits einige Services wie etwa der Nachsendeauftrag online gesteuert werden. Auch der Online-Shop der Österreichischen Post wurde mit einem Postkartenservice ausgebaut.
BRZ plant Privatzustellung
Behördliche Schriftstücke stellt auch das Bundesrechenzentrum (BRZ) online zu. Auch hier ist eine Anmeldung mit der Bürgerkarte erforderlich. Das BRZ setzt dabei auf den selben Zustellkopf wie meinbrief.at, also ein zentrales Adressverzeichnis. Die Nutzerzahl liegt mittlerweile knapp im fünfstelligen Bereich, wie ORF.at auf Anfrage im BRZ erfuhr. Erweiterungen für das Service in Richtung private Zustellung seien bereits geplant. Zudem bemühe man sich darum, immer mehr Behörden anzubinden, um die Dienstleistung auch für die Nutzer interessanter zu machen.
Unter den drei vom Bundeskanzleramt zugelassenen Anbietern für die elektronische Zustellung behördlicher Briefe befindet sich auch die Telekom Austria. Diese bietet das Service derzeit allerdings nicht an und hat keine Pläne in diese Richtung, wie eine Sprecherin auf Anfrage erklärte.
Erster privater Anbieter gestartet
Auf eine andere Basistechnologie setzt der private Dienstleister postserver.at, der jüngst den Betrieb seiner Plattform für elektronische Einschreibbriefe aufgenommen hat. Der Zustelldienst setzt auf einen eigenen, von der WKÖ und Austriapro entwickelten Zustellkopf, ein eigenes Adresssystem, das auch anderen Betreibern offensteht. Die Anmeldung für ein Postfach ist kostenlos. Der Dienst bietet Nutzern auch ohne Bürgerkarte die Möglichkeit, eingeschriebene Nachrichten über einen sicheren Web-Dienst zu verschicken und zu empfangen. Die Zustellung behördlicher Nachrichten ist darüber allerdings nicht möglich.
Bei Postserver.at können Nachrichten mit Dateianhängen bis zu einer Größe von 20 MB zu Kosten von 50 Cent pro Mail verschickt werden. Für den Empfang eines Briefes bekommen Nutzer zehn Cent gutgeschrieben.
Koppelung mit Behördenzustellung
Postserver.at hat derzeit rund 2.000 registrierte Nutzer, wie Gründer Alexander Mittag-Lenkheym im Gespräch mit ORF.at verriet. Bis Ende des Jahres soll die Zahl auf rund 35.000 Nutzer steigen. Dieses Ziel zu erreichen, hält er für durchaus wahrscheinlich, weil das Thema elektronische Zustellung durch den Einstieg der Deutschen Post in den kommenden Quartalen an Popularität gewinnen werde.
Zielgruppe seien unter anderem Ein-Personen-Unternehmen, KMUs, Kanzleien und Steuerberater. "Überall dort, wo der Eigentümer einen wesentlichen Teil der Wertekette darstellt."
Derzeit ist das Start-up in Gesprächen "mit einer sehr großen Institution" für eine weitere Ausbaustufe: den authentifizierten Zutritt ohne Bürgerkarte. Weiters gibt es Pläne zur Koppelung mit der Behördenzustellung: Die beiden im Einsatz befindlichen Zustellköpfe legen sich dabei eine Leitung, der Empfänger wird für die Zustellung eines Dokuments automatisch bei allen Diensten gesucht.
(futurezone/Nayla Haddad)