Streit über Facebook-Datenfischzug
US-Sicherheitsexperte greift öffentliche Profile ab
Eine Datensammlung mit Angaben zu 100 Millionen Facebook-Mitgliedern hat erneut eine Debatte über die Öffentlichkeit von Internetprofilen ausgelöst. Ein auf Netzsicherheit spezialisierter Blogger in den USA machte die Sammlung öffentlich verfügbar. Facebook betonte, dass es sich um frei zugängliche Profile handle. Der hamburgische Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar sagte jedoch am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur (dpa), eine solch massenhafte Zusammenstellung berge "erhebliche Missbrauchspotenziale für alle möglichen Zwecke".
Der Blogger Ron Bowes erklärte, er habe ein "beängstigendes Datenschutzproblem" gefunden. Die Profile könnten mit einem einfachen "Spider" oder "Crawler" eingesammelt werden, also mit einer Software, die automatisiert das Web durchsucht und die dort gefundenen Daten analysiert. Neu ist diese Erkenntnis freilich nicht. Die so erstellte Datei mit einem Umfang von 2,8 Gigabyte enthält unter anderem die Namen und Internetadressen der Facebook-Profile, die von ihren Besitzern auf öffentlich gestellt worden sind. Dort finden sich das Foto des Nutzers und seine Kontakte. Bowes sagte, dass es auch möglich sei, diese "Freunde" der Facebook-Mitglieder zu erfassen.
Automatisierte Erfassung
Die Datei mit den Facebook-Daten kann sich jedermann über auf den eigenen Computer holen und nach Belieben auswerten. Innerhalb weniger Stunden haben mehrere tausend Nutzer dieses "Facebook directory" heruntergeladen. Das Blog von Bowes, SkullSecurity.com, brach unter dem großen Interesse zusammen. Auf Twitter schrieb Bowes: "Die Reaktion auf meine Facebook-Daten ist unglaublich."
Eine Sprecherin des Unternehmens sagte zu der Datensammlung: "In diesem Fall hat ein einzelner Rechercheur Informationen gesammelt, bei denen die Leute zugestimmt haben, dass sie öffentlich zugänglich sind." Die Informationen existierten bereits in Suchmaschinen. Es seien keine persönlichen Daten gefährdet worden, versicherte sie. Die Liste sei wie ein Telefonbuch. Wenn jemand nicht gefunden werden wolle, könne er sein Profil entsprechend einstellen.
Crawler und Soziale Netzwerke
Der Facebook-Fall erinnert an einen Vorfall beim Social Network schülerVZ im Oktober vergangenen Jahres. Damals wurden 1,6 Millionen Daten aus diesem vor allem von Minderjährigen genutzten Netzwerk zusammengestellt. Im Mai dieses Jahres wurden erneut massenhaft Daten von SchülerVZ mit einem automatischen Verfahren erfasst und dem Blog netzpolitik.org zugespielt.
"Das ist äußerst kritisch zu sehen", sagte der hamburgische Datenschutzbeauftragte Caspar zur Datensammlung bei Facebook. Die massenhafte Zusammenstellung solcher Daten ermögliche eine automatisierte Auswertung. Denkbar sei der Missbrauch für Werbezwecke oder durch staatliche Stellen. Die Datenschützer hätten die Netzwerkbetreiber immer wieder darauf hingewiesen, dass es erforderlich sei, eine solche Erhebung von Daten zu verhindern.
Facebook wurde in der Vergangenheit wiederholt wegen seines Umgangs mit dem Datenschutz kritisiert. Kritiker warfen Facebook vor, das Unternehmen mache es seinen Nutzern unnötig schwer, ihre Privatsphäre zu schützen. Bowes selbst machte sich in seinem Weblog über Facebooks Ratschlag lustig, die persönlichen Daten zu verstecken: "Ich habe sie schon alle."
(dpa)