Hacker an die Macht
"Matrix" über Nick Farrs Visionen von der Weltherrschaft der Geeks
In den 80er Jahren hat sich eine neue Subkultur in den technologisch gut ausgerüsteten Kellern der Mittelstandsfamilien ausgebreitet. Ihre Proponenten nannten sich Hacker, trieben die Telefonrechnung ihrer Eltern in galaktische Höhen und kommunizierten mit Ihresgleichen in der ganzen Welt. Schnell waren auch die Stereotype geboren: Brillenträger, über- oder untergewichtig, schlechte Haut und völlige soziale Inkompetenz.
Doch seitdem hat sich viel geändert. Durch die zunehmende Digitalisierung der Arbeitsprozesse sind IT-Experten ökonomisch unabkömmlich geworden. Und diese gesellschaftliche Relevanz wirkt sich auch auf das Selbstbild der Nerds und Geeks aus. Zwar halten sie sich noch immer gern in Untergeschoßen auf, ihre Bedeutung endet aber nicht mehr am Akustikkoppler. Mittlerweile sind sie gerngesehene Gäste in Fernsehdiskussionen und ihre Blogs haben endlich Leser. Die seltsame Kleidung wird nicht mehr von der Mama gekauft, sondern nennt sich "Geek Chic" und passt am besten zu jener Sehhilfe, die früher einmal Krankenkassabrille hieß.
Höchste Zeit also, die Weltherrschaft anzustreben? So lautet zumindest das Credo des US-amerikanischen Hacker-Aktivisten Nick Farr. Geht es nach ihm, sollten Hacker die bisherigen Regierungen ersetzen und ihren "Fehler finden - Problem lösen"-Ansatz auch auf politische Gebiete anwenden. Denn im Gegensatz zur gängigen Politelite seien die Hacker nur der Wahrheit verpflichtet.
Am Sonntag in "matrix"
Die Radiobeiträge zu diesen Themen sind am Sonntag um 22.30 Uhr im Ö1-Netzkulturmagazin "matrix" zu hören.
Und die Geschichte wiederholt sich doch
Der amerikanische Computerwissenschaftler Andy Tanenbaum kam Anfang der 70er Jahre nach Europa. Damals diskutierten die Politiker gerade darüber, wie Europa den Vorsprung der Amerikaner auf dem Computersektor aufholen könnte. Man träumte von einem Europäischen Computer, um den Vormarsch von IBM endlich zu bremsen.
Von einer Biografie, wie sie Tanenbaum bereits in jungen Jahren vorweisen konnte, konnten Wissenschaftler in Europa nur träumen. Tanenbaum studierte am MIT und in Berkley, und beide Universitäten waren damals Zentren der Computerei. Bereits als Student in den 60er Jahren hatte Tanenbaum Zugang zu Großrechnern, während in Europa Informatik noch eher einer Trockenübung glich. Gelernt wurde nicht an der Maschine, sondern mit Hilfe von Handbüchern. Tanenbaum ging trotzdem nach Europa und spezialisierte sich vor allem auf die Bereiche Betriebssysteme und verteilte Systeme. Er schrieb MINIX, ein Unix-ähnliches Betriebssystem, das auf wenigen Zeilen Code basiert.
Die Linux-Gemeinde kritisierte er einst, weil sie die Chance vertan hatte, sich auch für die breite Masse zu öffnen, ihre Softwareentwicklungen überschaubar zu halten und sich besser zu koordinieren. Tanenebaum ist ein Wissensvermittler, Lehre seine Leidenschaft. Mit über 40 Jahren Erfahrung im Bereich Computerwissenschaft sah er einige Entwicklungen kommen und gehen.
Mariann Unterluggauer hat ihn über seine Erfahrungen mit Europa und seine Meinung zu Entwicklungen wie Cloud Computing und Service orientiertes Computing gefragt, Entwicklungen die angeblich die Zukunft der Computerei prägen und das Leben der Computernutzer verändern werden.
(matrix)